Johannas Slam
Ich kenn dich nicht und das ist gut so.
Ich seh dich nicht und das ist gut so.
Denn du bist nicht Teil meiner Welt.
In meiner katholischen Mädchenschulenblase
aus altem Gemäuer und kichernden Mädchen
kommst du nicht vor.
Du bist nur eine Erscheinung, die am Rand
meiner Alltagsstraße sitzt.
Bis ich irgendwann über dich stolpere,
nicht wörtlich, sondern über ein Grinsen,
das du mir entgegenwirfst.
Mit einem Gesicht, das sagt:
Lass mal quatschen;
lass mal zusammensetzen,
Geschichten erzählen
und uns an Träumen aufwärmen.
Ich lese die Botschaft,
grinse zurück und geh meines Weges.
Denn ich hab keine Zeit
für belanglose Geschichten
und außerdem spricht man nicht einfach
mit Wildfremden am Straßenrand.
Aber jetzt hat meine Lebensweltblase einen Riss
und immer wenn ich dich sehe
machen wir ihn erst durch ein erkennendes Lächeln
und später durch ein gemurmeltes "Tach" immer größer.
Aus der Straßenranderscheinung ist
ein heimlicher Mit-Grinser geworden.
Du bist jetzt Teil meiner kleinen Welt!
Und deine Geschichte interessiert mich.
Nur traue ich mich nicht zu fragen.
Nur mein Lächeln sagt weiter:
Lass mal quatschen;
lass mal zusammensetzen,
Geschichten erzählen
und uns an Träumen aufwärmen.
Es ist ein kalter Frühlingstag.
Eigentlich schon fast Sommer, so Ende Mai,
aber das sieht das Wetter anders.
Ich habe überraschend frei und plötzlich keinen Plan,
was ich mit meiner Zeit anfangen soll.
Auf dem Weg zu meinem Standardkaffeebäcker
komme ich wie immer an dir vorbei
und wir tauschen das übliche heimliche Grinsen.
Auf dem Rückweg habe ich irgendwie plötzlich
einen zweiten Kaffee in der Hand
und bleibe bei dir stehen.
Das "Tach" kommt von dir und ich sage endlich:
Lass mal quatschen;
lass mal zusammensetzen,
Geschichten erzählen
und den kalten Alltag mit unseren Träumen aufwärmen.
Denn nur weil ich deine Wirklichkeit nicht kenne
und du nicht in meiner lebst, heißt das nicht,
dass mich deine Geschichte nicht interessiert.
Es heißt nur, dass ich sie noch nicht kenne
und dass du mir deine Träume zeigen kannst.
Und wenn ich dich dann kenne,
dann ist das gut so.
Also lass mal bitte quatschen,
lass mal zusammensetzen,
Geschichten erzählen und Lebensraumblasen
mit Träumen zerreißen.
Katharina