"Als Tandem unterwegs" sind Mitarbeitende der Caritas und Seelsorge auf dem Pastoralen Weg in allen Regionen des Bistums. Zum "Tag der Caritas und Seelsorge" machten sich viele von ihnen auf den Weg nach Mainz in den Erbacher Hof. Was sie von hier mitnehmen konnten? Frische Ideen für ihre Zusammenarbeit, Mut zum Ausprobieren neuer Wege, Erfahrungen aus der Arbeit anderer - und nicht zuletzt eine auffallend gute Stimmung, wie Diözesancaritasdirektorin Nicola Adick bemerkte.
Eine Stimmung, wie sie in diesen Zeiten - auch auf dem Pastoralen Weg im Bistum - nicht gerade selbstverständlich ist. "Gibt es überhaupt noch den Mut, von Fortschritt in der Kirche zu sprechen?", fragte denn auch Bischof Peter Kohlgraf zu Beginn seines Grußwortes. "Zugegeben, es fällt schwer, sich in Zeiten von Kirchenmitgliedschaftsuntersuchungen oder Themen, die die Kirche und auch das Bistum täglich bedrängen, eine Bewegung nach vorne auch nur vorzustellen", sagte er. Damit verbunden sei die Gefahr, sich in diesen Zeiten des Umbruchs "passiv und fast bequem in eine Abwärtsspirale zu begeben, ohne Strategien zu entwickeln, wie es weitergehen kann". "Mit dem Bild des Tandems setzen Sie bewusst ein Zeichen gegen diese Gefahr", versicherte er den Teilnehmenden.
Von "Startups" lernen
Wie es weitergehen kann, dazu bot Miriam Penkhues von der "Villa Gründergeist" in Frankfurt den Teilnehmenden eine Menge Anregungen. Die Villa Gründergeist, 2019 in Trägerschaft des Bistums Limburg gegründet, bietet Menschen, die ein Sozialunternehmen gründen wollen, einen "Co-Working-Space": Raum zum konzentrierten Arbeiten allein, aber auch zur Kreativität im Team und zum Netzwerken. Die Vision der Villa: die Welt täglich besser machen durch die Förderung und Unterstützung von Menschen, die gesellschaftliche Probleme erkennen und etwas verändern wollen - und von ihnen lernen für die Entwicklung der Kirche. Ein Blick auf das "Coworking-Manifest" macht deutlich, wie ein solches Miteinander funktioniert: Zusammenarbeit statt Wettkampf, Gemeinschaft statt Agenden, Beteiligung statt bloße Beobachtung, Freundschaft statt Formalismus, Machen statt Reden - das sind nur einige Stichworte daraus.
Ein Rückzug wäre fatal
Offen sein für die Zeichen der Zeit, sich dazu unter das Wort Gottes stellen und Innovation zulassen - ohne solche Haltungen ist Kirchenentwicklung nicht möglich. Das machte nicht nur der Vortrag von Miriam Penkhues deutlich, sondern auch Bischof Kohlgraf in seinem Grußwort. Häufig begegne ihm noch das Bild einer Volkskirche, die "irgendwie gerettet werden soll". Doch der Schub der Säkularisierung sei nicht aufzuhalten. Fatal wäre nun der Rückzug in eine kleine und exklusive Gruppe, einen "heiligen Rest". "Wir müssen an der Gestalt einer Kirche arbeiten, die sich der Wirklichkeit stellt und mit ihrer Botschaft in die Welt hineingeht." Dabei falle ihm auf, dass gerade die Tandems auch im kommunalen Bereich breit vernetzt, vertreten und bekannt sind.
Was brauchen wir für die Zusammenarbeit?
Was brauchen wir, um erfolgreich in die Zusammenarbeit in den Tandems zu kommen? Diese Frage stellten Miriam Dierenbach-Kläui, Referentin Diakonische Pastoral/ Sozialpastoral, und Gabriel Gessner, Referent Gemeindecaritas beim Diözesancaritasverband, in der Abschlussrunde. Die Haltungen, "Ja, ich will zusammenarbeiten" und "Ja, ich will unsere Kirche vorwärtsbringen", oder "ein gutes Netzwerk vor Ort" wurden da genannt. Aber auch Herausforderungen wurden benannt: Wie etwa soll es funktionieren mit 4,7 Stellen für ein Dutzend Gemeinden in einer neuen Pfarrei? Was nützt das beste Leitbild, wenn vor Ort die personellen und finanziellen Ressourcen fehlen?
Für eine fehlerfreundliche Kultur
Als notwendig bezeichneten Teilnehmende nicht zuletzt den Mut, Neues auszuprobieren - im Bewusstsein, auch Fehler machen zu dürfen. Tandems funktionieren, hatte Miriam Penkhues gesagt, wenn die Beteiligten viel miteinander reden und wenn sie eine Kultur der "honest mistakes" entwickeln. Ein Thema, das im Lauf des Tages immer wieder aufploppte: "Zu wenige machen Fehler, nicht weil sie so perfekt wären, sondern weil sie sich nicht trauen ", schilderte ein Teilnehmer seine Erfahrung. Gute Gründe für den stellvertretenden Seelsorge-Dezernenten David Hüser, Gott im Schlussgebet neben seinem Segen für die Tandems auch Mut zu bitten, in ihrem Tun, Fehler zu riskieren.
Voneinander lernen
Eine Auswahl von Workshops gestalteten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bischöflichen Ordinariats sowie des Diözesancaritasverbands und der Bezirkscaritasverbände Offenbach und Mainz. Themen waren die "Tandemspiritualität", die Tandemstruktur und die organisatorischen Grundlagen der Sozialpastoral sowie Wege zu gelingenden Netzwerken im Sozialraum. In einem Workshop ging es um die Rahmenbedingungen für junge Menschen, die sich einbringen wollen. Das "Kanban-Board" als Methode der Zusammenarbeit im Team lernten Teilnehmende in einem weiteren Workshop kennen. Auch Finanzierungsmöglichkeiten für sozialpastorale Projekte waren Thema eines Workshops, in dem vor allem der Innovationsfonds des Bistums vorgestellt wurde.
Maria Weißenberger