Mainz. Armut grenzt aus. So lautete eine Erkenntnis beim Fachtag "Neue Armut?! Herausforderungen an Caritas, Kirche, Politik und Engagement" am Mittwoch im Haus der Caritas im Bistum Mainz. "Im Zuge der Caritas-Armutswochen richten wir den Scheinwerfer auf vielfältige, auch neue Armutsrisiken und ihre Folgen", sagt Diözesancaritasdirektorin Regina Freisberg. "Unsere Beraterinnen und Berater erfahren jeden Tag, dass viele Menschen mit grundlegender Existenzsicherung ringen. Wir schauen konkret, wie wir vor Ort in Beratung und Projekten, aber auch in der Interessenvertretung auf politischer Ebene Armut verhindern und uns für Teilhabe stark machen können."
Dorothee Spannagel vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut der Hans-Böckler-Stiftung machte deutlich, dass sich Armut in den letzten Jahren ausgeweitet und vertieft hat, wobei Pandemie und Energie-Krise die Entwicklung wie "Brandbeschleuniger" verstärkt hätten. Wer nachhaltig gegen Armut und damit verbundene Ausgrenzung vorgehen wolle, müsse das Bürgergeld erhöhen, den Niedriglohnsektor eindämmen, versicherungspflichtige Erwerbstätigkeit und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf fördern. Vor Ort braucht es nach Auffassung Spannagels Zugang zu Beratung und sozialen Dienstleistungen, aber auch unbürokratische Hilfe in Not und verlässliche Kinderbetreuung.
Für Thomas Weißer vom Lehrstuhl für Theologische Ethik an der Universität Bamberg ist die die Armut in die christliche DNA eingeschrieben. Ohne ein reflexives und praktisches Verhältnis zu diesem Thema sei der christliche Glaube nicht zu denken, sagte er in seinem Vortrag. Er führte aus, was dies für die Institution Kirche einerseits und für jede Christin und jeden Christen andererseits bedeuten könne: Etwa einen sorgsamen Umgang mit Ressourcen in Kombination mit einer Verpflichtung zu Transparenz, das Freimachen von Konsum sowie die Nähe zu Menschen, die von Armut betroffen sind.
An dem hybriden Fachtag nahmen insgesamt knapp 60 haupt- und ehrenamtlich Mitarbeitende aus Caritas und Pastoral aus dem Bistum und anderen Bistümern teil. In Workshops beleuchteten sie das Thema Armut aus unterschiedlichen Perspektiven. Gemeinsam mit dem Bundestagsabgeordneten Daniel Baldy setzten sie sich mit dem Thema Kindergrundsicherung auseinander. Thomas Mettin vom Bischöflichen Jugendamt gab Einblicke, wie rechte Parteien Armutsbetroffene gezielt adressieren. Sebastian Maaßen vom Verein "Armut und Gesundheit in Deutschland" machte deutlich, dass nicht alle Menschen Zugang zu medizinischer Versorgung haben, und im Workshop mit Monika Wilwerding vom "Verband Alleinerziehender Mütter und Väter" ging es um das hohe Armutsrisiko Alleinerziehender.