Diözese
Mainz. – Mit einer Fahrradtour durch verschiedene Einrichtungen der Jugendhilfe
hat die Caritas für die Diözese Mainz die Caritas-Sommersammlung eröffnet.
Unter dem Motto „Investieren Sie in Menschlichkeit“ werden die Menschen in
Hessen wie in Rheinland-Pfalz in den nächsten Tagen um eine Spende zur
Unterstützung der Arbeit des katholischen Wohlfahrtsverbandes gebeten. Wie sich
die Caritas zum Beispiel für benachteiligte Jugendliche engagiert, konnten die
Teilnehmerinnen und Teilnehmer der siebenstündigen Fahrradtour erleben. Sie
besuchten unter anderem ehrenamtlich organisierte Hausaufgaben- und
Ausbildungshilfen, Beratungsstellen, Jugendzentren und Einrichtungen der
Jugendberufsförderung. Die Tour war gemeinsam vom Diözesan- und
Bezirks-Caritasverband Mainz organisiert worden. Mit dabei waren Weihbischof
Dr. Werner Guballa, Diözesancaritasdirektor Peter Deinhart sowie der Mainzer
Caritasdirektor Paul Rupp.
„Als Geschöpf Gottes hat jeder vor Gott die gleiche Achtung und
damit die gleichen Rechte“, erklärte Weihbischof Dr. Werner Guballa und
zitierte Ignatius von Loyola: „Göttlich ist, das Kleinste noch zu achten.“
„Achten heißt zuerst wahrnehmen“, unterstrich der Mainzer Caritasdirektor Paul
Rupp und warb für eine positive Einstellung gegenüber benachteiligten
Jugendlichen. „Gesellschaft und Kirchengemeinden müssen Jugendliche mit ihrer
vielleicht ungewohnten und unbequemen Jugendkultur annehmen und respektieren.“
Siebenstündige Tour durch fünf
Einrichtungen
Die Tour „Caritas vor Ort“ begann mit
einem Reisesegen von Domkapitular Hans-Jürgen Eberhardt am Bischof-Stohr-Haus
in Mainz-Bretzenheim, dem neuen Sitz des Diözesancaritasverbandes. Von dort
ging die Fahrt über den Rhein nach Mainz-Kastel, das zur Stadt Wiesbaden gehört
und damit in Hessen liegt. Im Gemeindezentrum St. Elisabeth wurde die
Caritassammlung für Hessen eröffnet. Vor rund 30 Teilnehmerinnen und
Teilnehmern stellten Pastoralreferentin Sonja Knapp und Sozialberaterin Petra
Schorr-Medler die Arbeit ihrer Gemeinde vor, die neben pastoralen auch viele
soziale Projekte umfasst. Mit Brotkorb, Ausbildungslotsen, Hausaufgabenhilfe,
Sozialberatung, offenem Jugendtreff und Kleiderkiste knüpfe die katholische
Gemeinde ein dichtes soziales Netz auf einem christlichen Fundament,
bilanzierte die Gesprächsrunde.
Sammlung eröffnet
Wieder zurück über den Rhein, eröffneten
Weihbischof Dr. Werner Guballa und Diözesancaritasdirektor Peter Deinhart in
der Mainzer Kirche St. Quintin die Caritassammlung für Rheinland-Pfalz. Pfarrer
Dr. Franz-Rudolf Weinert berichtete von der Arbeit des „Mittagstischs“, mit dem
die Mainzer Innenstadtpfarreien ökumenisch einmal in der Woche rund 70-80
Personen mit einem warmen Essen versorgen - ehrenamtlich organisiert und über
Spenden finanziert.
Hilfen für Familien
Aufsuchende Familienhilfe und Kurse für
junge und werdende Eltern standen im Mittelpunkt des Besuchs beim
Caritasberatungszentrum St. Nikolaus in Mainz, der nächsten Station der Tour
durch die Einrichtungen. „Jugendliche zu achten“, erklärte Diplom-Psychologe
Ulrich Gerth, „ist die einzige Möglichkeit für uns als Helfer, erfolgreich
etwas zu bewirken.“ Für ihn gehe es darum, auch in scheinbar aussichtslosen
Situationen in Familien mit Gewalt und Missbrauch „Hoffnung zu finden“ und
Potenziale zu sehen. Ziele der aufsuchenden Familienhilfe seien, durch
Therapie, das Wohlergehen der Kinder in der Familie zu sichern, die
Erziehungsfähigkeit der Eltern zu steigern und damit Heimaufenthalte zu
vermeiden. Mit dem Kurs für junge Eltern vermittelt das
Caritas-Beratungszentrum Wissen über Bedürfnisse und Verhaltensweisen von
Babys.
Jobfüxe des Förderbandes
Als Nächstes stand der Besuch im
„Jobbistro“ der Jugendberufshilfe Förderband e.V. im Haus der Jugend auf dem
Programm. Projektleiter Christoph Fehr und die Mitarbeiter informierten über
die verschiedenen Hilfen beim Übergang von Schule und Beruf: Von der Arbeit der
„Jobfüxe“, die sich als Ansprechpartner für Berufsorientierung in drei Mainzer
Hauptschulen etabliert hätten, bis hin zu den Leistungen der
„Kompetenzagentur“, dem Case-Management, einem individuellen Förderplan für besonders
benachteiligte Jugendliche. „Es fehlen weiterhin Ausbildungsplätze, vor allem
für benachteiligte Jugendliche“, mahnte Christoph Fehr. Ziel müsse eine
dauerhafte, qualifizierte Beschäftigung sein und nicht das Abrutschen in ungelernte
Jobs bei Zeitarbeit, Post oder Gastronomie.
Jugendliche brauchen soziale Räume
Die offene Jugendarbeit stand beim Besuch
im Jugend- und Begegnungszentrum „Berliner Treff“ in der Mainzer Oberstadt im
Mittelpunkt. Paul Becker, Vorsitzender des Trägervereins „Spielende, lachende,
lernende Kinder e.V.“, verwies auf die Angebote des Vereins und die notwendige
engere Zusammenarbeit von Schule, Ausbildungsbetrieben, Jugendhilfe und
Jugendpflege hin. Andreas Brunner stellte das Angebot des Jugendzentrums vor.
„Jugendliche zu achten, heißt, ihr Selbstbewusstsein und ihr Selbstwertgefühl
zu fördern, heißt dass sie selbst aktiv ihre Mitwelt gestalten können“,
erklärte Andreas Brunner. Er wünschte sich, dass der hohe Wert der offenen
Jugendarbeit mehr Anerkennung finde. „Jugendliche brauchen soziale Räume in
ihrem Lebensumfeld.“
Jugendliche achten statt ächten
Barbara Fank-Landkammer, Leiterin der
Öffentlichkeitsarbeit beim Deutschen Caritasverband in Freiburg, erklärte die
Hintergründe der bundesweiten Jahreskampagne „Jugendliche achten sttatt
ächten“. „Wir werben für eine veränderte Haltung gegenüber benachteiligten
Jugendlichen wie Schulschwänzern, verhaltensauffälligen Jugendlichen oder
Teeniemüttern.“ 340.000 Jugendliche unter 25 Jahren seien arbeitslos, machte
sie auf den Zusammenhang von mangelnder Ausbildung und Ausgrenzung aufmerksam.
Sie forderte unter anderem eine engere Verzahnung von Schule und Sozialarbeit.
Ehrenamtsbörse vorgestllt
Zum Abschluss des Tages präsentierten sich
auf einer Ehrenamtsbörse im Tagungszentrum Erbacher Hof verschiedene
ehrenamtliche Initiativen wie Hausaufgabengruppen, Besuchsdienste,
Mittagstische und Brotkörbe und luden zur Mitarbeit ein. Anschließend
moderierte Dr. Daniela Engelhardt vom SWR vor rund 60 Besucherinnen und
Besuchern einen Austausch über die Erfahrungen der Tour und eine Talkrunde über
Jugendarbeit mit benachteiligten Jugendlichen. Auch beim Musikprogramm wurde
die Bandbreite von Jugendkulturen deutlich: Neben dem Waldhornquintett des
Mainzer Willigis-Gymnasiums trat der 17jährige Rapper „Aycan“ auf. In seinen
Texten spiegelten sich seine Erfahrungen um Anerkennung und die Suche nach
Liebe wieder.
In
Hessen dauert die Caritas-Sommersammlung bis 2. Juni und in Rheinland-Pfalz bis
7. Juni.
Oliver Schopp-Steinborn