Darmstadt. – Es passiert nicht allzu häufig, aber es kommtvor: Mädchen werden Mütter, auch schon mit 13 oder 14 Jahren. Gilt allgemeinschon das Mutter-Werden als der tiefgreifendste Abschnitt im Leben einer Frau,treffen bei jugendlichen Müttern die Probleme gleich mehrerer spannenderLebensphasen aufeinander: Noch ist der Körper inmitten der Umbauphase derPubertät, die junge Frau in der Phase ihrer Identitätsfindung, wird sie auchnoch mit der neuen Rolle und Verantwortung der Mutterschaft konfrontiert – unddas häufig ungeplant, in einer labilen Partnerschaftsbeziehung, vom sozialenUmfeld der Herkunftsfamilie wenig begrüßt. Der Caritasverband Darmstadt hat fürTeenagermütter im Rahmen der bistumsweiten Initiative „Netzwerk Leben“ einenOffenen Treff eingerichtet. Um die zehn Mädchen in Schwangerschaft und jungeMütter kommen zu den zweiwöchentlich stattfindenden Treffen. Sie sind zwischen14 und 22 Jahren alt.
Ab dem Jahr 1999 fielen den Mitarbeiterinnen undMitarbeitern der Allgemeinen Lebensberatung des Caritasverbandes Darmstadtzunehmend die jugendlichen und jungen Frauen auf, die Mütter wurden. In derBeratung wurden die besonderen Probleme sichtbar, mit denen gerade Teenagermütterkonfrontiert sind. Während sich ihre Freundinnen und Schulkameradinnen mit derzukünftigen Berufswahl und weiteren Lebensperspektiven befassen und dennächsten Disco-Besuch planen, werden die Teenagermütter von ganz anderen Sorgenbegleitet: Wie werden sie ihr Kind zur Welt bringen? Wo werden sie eine Wohnungfinden? Wie ist die Zukunft finanzierbar? Wo finden sie Menschen, die sieunterstützen? Können sie ihre Schulausbildung noch abschließen? Wie sollen sieeine Berufsausbildung anschließen können? Ist der Vater ihres Kindes zugleichder Mann, den sie fürs Leben lieben? - Fragen über Fragen.
Dazu kommen noch die Probleme in derPersönlichkeitsentwicklung. Während ihre gleichaltrigen Bekannten in derPubertät den Umbau ihres Körpers zur attraktiven Frau erleben, damit verbundennach eigener Identität suchen und schließlich eine eigene Persönlichkeitentwickeln, wird dies bei Teenagermüttern bereits durch die nächste Lebensphaseüberlagert. Noch ist der Umbau des Körpers zur jungen Frau nicht abgeschlossen,da gerät er durch die Schwangerschaft in gewisser Weise „aus den Fugen“, indemdas gesellschaftlich geprägte Schönheitsideal einer jungen Frau von derSchwangeren mit dickem Bauch scheinbar nicht erfüllt wird. Die eigene Identitätist noch nicht gefunden, die eigenständige Persönlichkeit noch nichtentwickelt, da gilt es bereits, Zukunftsperspektiven für ein Leben zusammen mitdem Kind zu entwickeln. Und das oft unter ungünstigen Bedingungen: Noch ist dieBeziehung zum Vater des Kindes weder geklärt noch gefestigt, häufig fühlen sichdie Eltern der jungen Frau und die Verwandten von der neuen Entwicklungüberrumpelt und bilden keineswegs den Rahmen der Geborgenheit, der in dieserSituation von Nöten wäre...
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des CaritasverbandesDarmstadt machten sich auf die Suche, welche Hilfen und Angebote es fürjugendliche Mütter im Raum Darmstadt bereits gibt. Zusammen mit dem VereinMäander gründeten sie im März 2000 den Treff „Ich werde das Kind schonschaukeln“. Einmal pro Monat sollten sich jugendliche Frauen, die ein Kinderwarten oder schon junge Mütter geworden waren, in offener Atmosphäre treffenkönnen. Das Angebot wurde gut angenommen, aber es stelle sich sehr schnell heraus,dass ein einmaliges Treffen pro Monat nicht ausreicht. Um die Jahreswende 2000musste der Verein Mäander aus finanziellen Gründen aus der Mitträgerschaft desTreffs aussteigen. Zugleich gab es durch die vom heutigen Kardinal Karl Lehmannim Bistum Mainz angestoßene Initiative Netzwerk Leben zur Verbesserung derHilfen für Frauen in Schwangerschaft und Not neue Möglichkeiten, auch für Teenagermütterneue Hilfen zu schaffen.
Neue Möglichkeiten durch „Netzwerk Leben“
Im Rahmen von „Netzwerk Leben“ konnte beim CaritasverbandDarmstadt für das Projekt „Wenn aus Mädchen Mütter werden...“ eine zusätzlichehalbe Stelle eingerichtet werden. Ausgefüllt wird sie von den beidenDiplom-Sozialpädagoginnen Sabine Domke und Susanne Stieb, schwerpunktmäßigMitarbeiterinnen der Allgemeinen Lebensberatung des Caritasverbandes Darmstadt.Im August vergangenen Jahres starteten sie erneut den Treff „Ich werde das Kindschon schaukeln“, jetzt aber vierzehntäglich. Er wird seitdem von um die zehnjugendlichen schwangeren Frauen und Teenagermüttern zwischen 14 und 22 Jahrenbesucht wird. An jedem ersten und dritten Freitag im Monat finden diese Treffen in derFrühberatungsstelle des Caritasverbandes Darmstadt statt. Die Frühberatungsstellefördert im Alltag gezielt entwicklungsverzögerte Kleinkinder. Deshalb bietenihre Räumlichkeiten ideale Voraussetzungen für den Treff „Ich werde das Kindschon schaukeln“. Es stehen ein Gruppenraum mit einer angrenzenden großräumigenKüche, ein Bewegungsraum für Kinder mit Matten und Klettergerüst,Verzerrspiegeln und Stoffhockern, ein „Matschraum“ mit Sandkasten und ein langgestreckter Flur mit einer Vielzahlan Fahrzeugen für kleinere und größere Kinder, Schaukelpferdchen, Kleintrampolinsowie vielen Spielen für die Fein- und Grobmotorik zur Verfügung. Nach einerAnwärmphase mit einem Begrüßungskaffee, zu der ggf. auch Begleiterinnen undBegleiter der jugendlichen Mütter willkommen sind, behandeln die jugendlichenMütter zusammen mit den beiden Mitarbeiterinnen des Caritasverbandes jeweilsunter sich vorher festgelegte Themen. Die Kinder werden in dieser Zeit vonErzieherinnen betreut. Nach meist kurzem Trennungsschmerz haben die Kleinenmiteinander und mit den vielfältigen Spielmöglichkeiten der Frühberatungsstelleviel Spaß, während sich die jungen Mütter – ebenfalls nach kurzem Trennungsschmerz– zumindest für die Dauer von zwei Stunden entlastet fühlen können und zugleichverspüren, dass auch andere noch für ihre Kinder Verantwortung übernehmen.
Wichtiges Anliegen: Ent-lastung
„Ent-lastung“ steht denn auch als verbindendes Anliegenüber dem thematischen Teil des Treffs. Dabei geht es vor allem um Hilfen für diebetroffenen jungen Frauen zur Bewältigung ihrer aktuellen Situation. Ziel istes, den jungen Frauen Anregungen und konkretes Handwerkszeug zu geben, die siein die Lage versetzen, selbstbestimmt ihren Alltag zu gestalten und auchaußerhalb des Treffs Möglichkeiten und Wege zur Entspannung und Entlastung zufinden. Wiederholt wurde eine Hebamme oder ein Arzt zu den Treffen dazugebeten, die den jungen Frauen Ängste nehmen und Antwort auf sie bedrängende Fragengeben konnten.
Bei diesen Treffen kommen aber auch Fragen auf und Problemezur Sprache, die nur in weiterführenden Einzelberatungen gelöst werden können.Da zahlt es sich aus, dass die beiden den Treff begleitenden Sozialpädagoginnenfest in der Allgemeinen Lebensberatung des Caritasverbandes verankert sind undzugleich Zugriff auf das integrative Beratungsangebot des Caritasverbandeshaben. So ist die Vermittlung flankierender Maßnahmen wie Beratung beipersönlichen Schwierigkeiten, Paar- und Familienberatung, Schuldnerberatung,Beratung zur materiellen Existenzsicherung, Beratung zu Mutter- und Kindkurenin der Regel leicht möglich. Und auch im Kontakt mit Ämtern und Behörden sinddie Sozialpädagoginnen behilflich.
Bei derVorstellung des Projektes „Wenn aus Mädchen Mütter werden...“ konnte der DarmstädterCaritasdirektor Dr. Werner Veith unlängst viele interessierte Vertreterinnenund Vertreter von Pfarrgemeinden aus Darmstadt und Umgebung, aber auch vonParteien und Behörden begrüßen – ein hoffnungsvolles Zeichen dafür, dass dasProjekt als wichtig erkannt ist, auf Zustimmung stößt und auf breiteUnterstützung rechnen kann. „Es hat sich gelohnt“ zog Gudrun Schneider,Leiterin der Allgemeinen Lebensberatung beim Caritasverband Darmstadt, einevorläufige Zwischenbilanz.