Mainz. – Was vor 10 Jahren als
unsicheres Pflänzchen gegründet worden ist, konnte am 31. Januar 2005 als
vitaler Baum mit weit über 100 Gästen im Erbacher Hof in Mainz rundes Jubiläum
feiern: Die Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) Hospiz Rheinland-Pfalz. Unter den
Gästen – überwiegend ehren- und hauptamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
der Hospizbewegung
- waren auch die
rheinland-pfälzische Sozialministerin Malu Dreyer, der Mainzer Weihbischof Dr.
Werner Guballa und als Vertreter der Evangelischen Kirche der Pfalz Oberkirchenrat
Christian Schad. Über 1000 Menschen arbeiten nach Angaben des Vorsitzenden der
LAG Hospiz, Dr. Martin Weber, in den rheinland-pfälzischen Hospizdiensten ehrenamtlich.
900 von ihnen betreuen als Hospizhelferinnen und Hospizhelfer Sterbenskranke
und deren Angehörige. Weber nannte das ein eindrucksvolles Zeichen, dass immer
mehr Menschen in unserer Gesellschaft bereit sind, sich für ein Sterben in
Würde zu engagieren.
Inzwischen gibt es 36 ambulante
Hospizdienste und vier stationäre Hospize in Rheinland-Pfalz. An sieben
rheinland-pfälzischen Krankenhäusern gibt es Palliativ-Stationen mit dem Ziel,
Kranken ein überwiegend schmerzfreies Leben zu ermöglichen; zehn weitere sind
in Planung. Das rasche Wachstum dieser Arbeit und die gewachsenen Erwartungen
an eine ganzheitliche Betreuung durch ambulante Hospizdienste habe dazu
geführt, so Weber, dass die ursprünglich rein ehrenamtliche Arbeit mittlerweile
durch 53 hauptamtliche Fachkräfte ergänzt werde. Sie koordinieren die Arbeit
der ehrenamtlichen Hospizhelfer und unterstützen und beraten mit ihrem
spezifischen Fachwissen Patienten und ihre Angehörigen.
Weber dankte für alle
Unterstützung, die die LAG Hospiz von vielen Seiten immer wieder erhalten habe
und erhalte. Beispielhaft nannte er den Caritasverband für die Diözese Mainz,
der die Räumlichkeiten für die Geschäftsstelle seit Jahren kostenlos zur
Verfügung stellt und jährlich noch 1000 Euro zu den laufenden Kosten
beisteuert.
Dreyer: Unverzichtbare Arbeit
Malu Dreyer unterstrich die unverzichtbare
Arbeit in der Begleitung sterbender Menschen und ihrer Angehörigen, die in der
Landesarbeitsgemeinschaft Hospiz geleistet werde. Die Förderung der ambulanten
Hospizarbeit sei der Landesregierung ein wichtiges Anliegen, sagte sie, und überreichte
einen Bewilligungsbescheid über 100.000 Euro für die ehrenamtliche
Hospizarbeit. Die Ministerin würdigte in diesem Zusammenhang insbesondere das
Wirken des LAG-Vorsitzenden Dr. Martin Weber, der die Landesarbeitsgemeinschaft
von den Anfängen bis heute aufgebaut und begleitet hat. Die
Landesarbeitsgemeinschaft habe gemeinsam mit den Kirchen und Krankenkassen wesentlich
dazu beigetragen, dass in Rheinland-Pfalz ein gut ausgebautes Netzwerk an
ambulanten und stationären Hilfen zur Verfügung steht.
Guballa und Schad: Hospizarbeit
Alternative zur Sterbehilfe
Die Hospizbewegung, so Weihbischof
Guballa, habe einen großen Anteil daran, dass die Tabus um Sterben, Tod und
Trauer durchbrochen werden und nach der Möglichkeit der Begleitung von
Sterbenden gefragt wird. Es sei verständlich, so der Weihbischof zur aktuellen
Diskussion über aktive Sterbehilfe, dass ein leidender Mensch nach Linderung
seines Leidens sucht und dabei auch die Bitte äußert, erlöst zu werden. „Das
Schreien nach dem erlösenden Tod weist jedoch meines Erachtens auf etwas ganz
anderes hin: Es ist Schrei nach Nähe und Begleitung. Es ist die Bitte, im
Sterben nicht allein gelassen zu werden“, sagte der Weihbischof. „Die Frauen
und Männer, die sich in der Hospizbewegung engagieren, möchten, dass Sterben
als ein Teil des Lebens angenommen werden kann, dass Wegbeleitung geschieht in
der Suche nach dem Sinn des Lebens und des Sterbens.“
Für Oberkirchenrat Schad hat die
Hospizbewegung starken Anteil daran, „dass Menschen vor dem Ruf nach aktiver
Sterbehilfe bewahrt werden“, die er „ethisch nicht vertretbar“ nannte, auch
wenn der Betroffene selber darum bitte. Er warnte davor, beim Verbot der
aktiven Sterbehilfe Ausnahmen zuzulassen. Allzu leicht könne dann ein verdeckter
Anspruch an Sterbende entstehen, von der Möglichkeit der Sterbehilfe Gebrauch
zu machen. Die Hospizarbeit sei die Alternative zur aktiven Sterbehilfe.
Bockemühl: Nachholbedarf bei
Sterbebegleitung
Die Medizin habe in den letzten
Jahren erhebliche Fortschritte gemacht, so Walter Bockemühl, Vorstandsvorsitzender
der AOK Rheinland-Pfalz, während die Begleitung Sterbender zurückgefallen sei.
Am Sterben seiner Großmutter Mitte der sechziger Jahre zu Hause habe das ganze
Dorf Anteil genommen, während sein Vater Mitte der neunziger Jahre im Krankenhaus
überwiegend allein gestorben sei, sagte Bockemühl
aus eigenem Erleben. Die AOK Rheinland-Pfalz habe schon vor
Jahren mit der Hospizbewegung einen ersten Rahmenvertrag abgeschlossen –
anfangs noch ohne Rechtsgrundlage, die auf Betreiben der AOK Rehinland-Pfalz
erst später auf Bundesebene geschaffen wurde. Wir wollten die Begleitung von
Sterbenden nicht professionalisieren, so Bockemühl, vielmehr durch
Ehrenamtliche wahrgenommen wissen, die durch Hauptamtliche begleitet werden.
Das habe sich bewährt. Heute förderten die Krankenkassen 23 ambulante
Hospizdienste in Rheinland-Pfalz mit 860.000 Euro pro Jahr.
Graf: Bundesweit einmalige Qualität
Gisela Graf, Vorsitzende der
Bundesarbeitsgemeinschaft Hospiz, bescheinigte der Sterbebegleitung, wie sie
dank der LAG Hospiz in Rheinland-Pfalz gewachsen sei, eine bundesweit einmalige
Qualität. Respekt und Dank für das, was innerhalb von zehn Jahren getan wurde,
drückte auch Prof. Dr. Christoph Huber vom Universitätsklinikum Mainz aus.
Mediziner seien traditionell dafür ausgebildet, Krankheiten zu heilen und Leben
zu retten. Tod und Sterbebegleitung spielten in ihrer bisherigen Ausbildung keine
Rolle. Das müsse sich ändern, hielt er für dringend erforderlich.
Ordinariatsdirektor Eberhard Hüser
und Kirchenrat Dr. Jochen Buchter warfen einen gemeinsamen Blick zurück auf die
Anfangszeit, der im Kontrast noch einmal mehr deutlich machte, was in den 10
Jahren seit Gründung der LAG an großartigem Engagement und Know-how gewachsen
ist. Niemand hätte es sich damals vorstellen können, dass die Festversammlung
zum Zehnjährigen den Ketteler-Saal des Erbacher Hofes füllt. Wenn die
Wachstumsdynamik bei der LAG Hospiz Rheinland-Pfalz so anhält wie bisher, werde
man zur Feier des zwanzigjährigen Bestehens die Rheingoldhalle mieten müssen.
Eine Vision?
Die Feierstunde war optisch
aufgelockert durch drei Bildzyklen, Aufnahmen von Patienten, die mit deren
Einverständnis Menschen zeigten, die durch Mitglieder der LAG Hospiz
Rheinland-Pfalz betreut und begleitet worden sind. Hommage, Huldigung, hatte
Timofey Rassadin die Bildfolgen genannt, die er mit viel Feingefühl
zusammengestellt hat. Angst und Schrecken waren in den Gesichtern nicht zu
sehen, dagegen Hoffnung, Zuversicht, Zukunftsvertrauen. Winfried Späth und
Chris Jones unterlegten die Bilder mit improvisierter, nachdenklicher Musik mit
Panflöte, Gitarre und Geige.
Textor löst nach 10 Jahren Weber ab
Unermüdlicher Motor und
Vorsitzender der Landesarbeitsgemeinschaft Hospiz war von Anfang an Dr. Martin
Weber. Nach 10 Jahren übergab er bei der Feier den Vorsitz der
Landesarbeitsgemeinschaft an Gisela Textor – auch sie Frau der ersten Stunde
und seit Jahren Mitglied des Vorstandes.
J. Otto
Weber
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