10.06. 2011
Steine, die viele Kreise ziehen
Zwei Persönlichkeiten und ein Team im
Bistum Mainz sind beim„Tag der Caritas“ mit dem Kettelerpreis ausgezeichnet
worden
Mainz.
Der Kettelerpreis geht in
diesem Jahr an Theresia Asmus aus Lampertheim, Judith König aus Mainz-Kostheim
und das Pastoralteam der Pfarrgemeinde Liebfrauen in der Mainzer Neustadt.
Im Jahr des 200. Geburtstages von Bischof
Wilhelm Emmanuel Ketteler zeichneten die Kettelerstiftung und der
Caritasverband für die Diözese Mainz e.V. Initiativen und Persönlichkeiten
aus
die „in unserer Zeit die diakonische
Dimension der Kirche in besonders eindrücklicher Weise im Sinne von Bischof
Ketteler leben“, sagte Thomas Karst, Vorstandvorsitzender der
Ketteler-Stiftung, bei der Preisverleihung im Erbacher Hof in Mainz.
Wichtige
Kriterien für die Verleihung des mit je 3.000 Euro dotierten Preises waren die
Sensibilität für die sozialen Herausforderungen, die Nachhaltigkeit des
Engagements sowie die Schaffung von Strukturen, die diese Nachhaltigkeit
sicherstellen. Karst verglich das Engagement der Preisträger mit dem Werfen
vieler Steine ins Wasser, die wiederum viele Kreise ziehen. „Wir wollten
besonders jene finden, die trotz eines immensen Einsatzes nicht im Rampenlicht
stehen, jene die selbstlos für andere mitdenken und handeln.“
Die Preisträger: zwei
Persönlichkeiten und ein Team
Theresia
Asmus, die aus gesundheitlichen Gründen den Preis nicht persönlich entgegen
nehmen konnte, unterstützt seit Jahrzehnten als ehrenamtliche Leiterin der
Caritasgruppe in Lampertheim behinderte, kranke, asylsuchende und notleidende
Menschen. Zusammen mit anderen Engagierten organisiert sie Begegnungen zwischen
psychisch Kranken und Mitgliedern der Lampertheimer Pfarrgemeinde Maria
Verkündigung. Mit dem Preisgeld sollen Fahrten des Gemeindepsychiatrischen
Zentrums in Lampertheim ermöglicht werden, Kleidung angeschafft werden und notleidende
Menschen unterstützt werden.
Judith
König ist seit 1993 in der Leitung der Pfarrcaritas von Maria Hilf in
Mainz-Kostheim engagiert. Sie ist „Motor“ für viele soziale Initiativen in der
Pfarrei und im Pfarreienverbund Mainz-AKK (Amöneburg, Kastel, Kostheim). So organisiert
sie beispielsweise seit 1997 Weihnachtsfeiern für Alleinstehende im
Gemeindezentrum St. Elisabeth (Kastel), die jedes Jahr 40 bis 50 Menschen aus
ganz AKK anzieht. Zusammen mit anderen Frauen richtete sie 2004 dort den
„Babykorb“ ein. Einmal im Monat können sich Eltern hier mit Kleidung für Babys
und Kleinkinder versorgen. Bereits 2001 rief Judith König ein Sorgentelefon ins
Leben, um Menschen in ihrer Nachbarschaft einen niederschwelligen Kontakt zu
ermöglichen. „Manche Menschen haben Sorgen, weil angehörige krank oder pflegebedürftig
sind, andere sind einsam und suchen jemanden, der ihnen zuhört“, sagt König.
Für
die Menschen im Stadtteil immer ansprechbar ist auch das Pastoralteam der
Pfarrgemeinde Liebfrauen in der Mainzer Neustadt, das ebenfalls mit dem
Kettelerpreis ausgezeichnet wurde. Um Kinder und Jugendliche im Stadtteil
besser zu fördern, hat das Team in den vergangenen Jahren zahlreiche Angebote
ins Leben gerufen. So können Kita-Kinder einmal in der Woche unter Anleitung
musizieren. Für die Größeren gibt es einen kostenlosen Hausaufgabentreff und ein
offenes Angebot zum Gitarrespielen. Dank der finanziellen Unterstützung durch
die Friedrich Röper-Stiftung muss etwa bei den Sommerfreizeiten oder
Kinderbibelwochen im Herbst kein Kind oder Jugendlicher außen vor bleiben. In
dem Pfarrgebiet leben viele Menschen aus einkommensschwachen Familien.
Die
Preise wurden im Rahmen des „Tags der Caritas“ übergeben. Dieser stand im 200.
Jahr des Geburtstags von Wilhelm Emmanuel Ketteler unter dem Motto „Bischof
Ketteler – Herausforderung für eine diakonische Kirche heute.“ Weihbischof Dr.
Werner Guballa, Bischofsvikar für die Caritas, hob hervor, dass für Ketteler im
Laufe seines bischöflichen Wirkens immer klarer wurde, dass die soziale Frage
politisch gelöst werden muss. Kettelers Verdienst, so Guballa, sei es auch
gewesen,
die soziale Frage in die
Theologie eingebracht zu haben.
Diskussionsrunde fordert
mehr Einsatz für Gerechtigkeit
Mit
den Herausforderungen der sozialen Frage heute beschäftigte sich eine
Gesprächsrunde, an der unter anderen Sozialministerin Malu Dreyer und
ZDF-Intendant Markus Schächter teilnahmen. Schächter hob hervor, dass in der
heutigen Mediengesellschaft „Kommunikatoren mit starker Geste und starken
Worten“ soziale Themen öffentlich machen müssten. Die Caritas ermutigte er,
soziale Verwerfungen noch offensiver auf den Punkt zu bringen und sich stärker
einzumischen. Malu Dreyer warb um Mitgestaltung der politischen Rahmenbedingungen,
um benachteiligten Menschen zu einer Stimme in Gesellschaft und Politik zu
verhelfen. Der Mainzer Sozialethiker Gerhard Kruip forderte Gerechtigkeit
global zu denken. „Gerechtigkeit ist unteilbar.“ Um die Fragen weltweiter Armut
und des Hungers zu
lösen, müssten die internationalen
Bemühungen um Bildungsgerechtigkeit intensiviert werden, so Kruip. Professor
Aloys Buch, Leiter des Stiftungswesens der C&A-Firmengruppe, rief
Unternehmen dazu auf, noch mehr für ihr soziales Profil zu tun. Investitionen
ins Gemeinwohl zahlten sich aus, so Buch, denn kein Unternehmen könne dauerhaft
in einer Gesellschaft wirtschaften,
in
der soziale Kälte herrsche. Weihbischof Guballa betonte, dass sich in vielen
Pfarrgemeinden Ehrenamtliche sozial engagieren. „In der Fläche haben wir einen
unglaublichen Reichtum.“ Aber es müsse auch Neues wachsen, um den
Herausforderungen vor Ort gerecht zu werden.
Hinweis:
Die Wilhelm Emmanuel von Ketteler-Stiftung
vergibt seit 2005 gemeinsam mit dem Caritasverband für die Diözese Mainz e.V.
den Kettelerpreis. Der Preis zeichnet Persönlichkeiten, Teams oder Initiativen
im Bistum Mainz aus, die die diakonische Dimension der Pfarrseelsorge als eine
der drei Grundfunktionen der Gemeinde stärken und zum anderen die Kooperation
von Seelsorge uns sozialer Arbeit der Caritasverbände fördern.
Weitere Infos zur Wilhelm Emmanuel von Ketteler-Stiftung im Internet unter:
(ond)