Mainz -
Stalking – der Begriff
ist noch recht neu, aber was damit gemeint ist, ist uralt: „Stalking bezeichnet
das dauerhafte und penetrante Belästigen und Verfolgen einer Person gegen deren
ausdrücklichen Willen,“ beschreibt ein neuer Flyer der Interventionsstelle
Mainz des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF) das Phänomen. Auf einer
Pressekonferenz im Mainzer SkF-Haus stellte am 11. Juli Vorstandsmitglied
Gabriele Hufen den neuen Flyer vor und insbesondere die umfangreichen Hilfen,
die der Caritas-Fachverband SkF in Zusammenarbeit mit der Polizei für
betroffene Frauen entwickelt hat. Stalking kommt Psychoterror gleich und kann
das Opfer nervlich zugrunde richten. Deshalb haben Stalking-Opfer nicht mehr
die Kraft, entschieden ihrem Widerpart zu widerstehen und brauchen Hilfe, die
ihnen die Interventionsstelle des SkF anbietet.
Stalking geht häufig vom Ex-Partner von Frauen aus, die sich aus einer
Gewaltbeziehung befreit haben. Er fühlt sich als zurückgewiesener,
nachtragender Beziehungssuchender, der zunächst versucht, das Vertrauen und die
Zuneigung seiner ehemaligen Partnerin zurück zu gewinnen. Er schreibt ihr
Liebesbriefe, schlägt erneute Treffen vor, schickt ihr Blumengrüße. Nicht
selten geht die Partnerin auf dieses Werben ein, versucht aber klar zu machen,
dass das am grundsätzlichen Trennungsbeschluss nichts ändert. Darauf hin
verstärkt der zurückgewiesene Ex-Partner seine Bemühungen, verfolgt sie durch
Anrufe per Telefon und per Handy, beobachtet sie auf Schritt und Tritt und
lässt sie wissen, dass er über all ihre Schritte Bescheid weiß. Er versucht
Macht und Kontrolle über sein Opfer auszuüben – oft auch in bedrohender Weise.
Stalking-Opfer entwickeln in dieser Phase nicht selten Selbstmord-Gedanken und
es kommt auch vor, dass sie sich in den Selbstmord treiben lassen. So
beschrieben Mitarbeiterinnen der Interventionsstelle, die aus
Selbstschutz-Gründen namentlich nicht genannt sein wollen, die Auswirkungen des
klassischen Stalking. Stalking kann auch entstehen in der Nachbarschaft, aus
hintergründigem Liebeswerben ohne Mut, direkt auf die umworbene Person zuzugehen.
Das, was mit Stalking gemeint ist, ist uralt. Neu ist der Begriff. Und
neu ist, dass man offen darüber redet. Das Institut für seelische Gesundheit in
Mannheim hat in einer 2004 angestellten Umfrage herausgefunden, dass etwa 12
Prozent der Bevölkerung bereits Stalking-Erfahrungen gemacht haben.
Kriminaldirektor Heinz Mertesacker vom rheinland-pfälzischen Ministerium des
Inneren und für Sport wies in der Pressekonferenz darauf hin, dass etwa 80
Prozent der Stalking-Opfer weiblich, dem entsprechend 20 Prozent männlich sind.
Unter den 380 Beratungsfällen der Mainzer Interventionsstelle des Mainzer SkF
im vergangenen Jahr hatten 31 einen Stalking-Hhintergrund. In diesem Jahr ist
die Stelle zur Halbzeit bereits mit 20 Stalking-Fällen befasst. Die Tendenz,
dass Frauen in dieser Situation Hilfe suchen, ist also steigend.
„Die Täter leben von der Reaktion des Opfers“, beschrieb Ines Rose,
Leiterin des Kriminalkommisariats 2 „Gewalt gegen Frauen und Kinder“ den sich
gegenseitig hochschaukelnden Prozess. Eine Frau, die über lange Zeit belästigt
wird, verliert ihr Selbstbewusstsein, ihre Antriebskräfte und wird oft arbeitsunfähig,
sagt sie. Ihr Rat: Frauen müssen jegliche Reaktion auf Kontaktversuche
unterlassen und unmissverständlich – am besten durch einen Anwalt – klar
machen, dass sie keinen Kontakt mehr wünschen. Dabei hilft ihnen die
Interventionsstelle des SkF.
Das bestehende Gewaltschutzgesetz bietet verschiedene Möglichkeiten, den
Stalker in seine Grenzen zu weisen. Häufig muss man zivilrechtlich gegen ihn
vorgehen, da die Tatbestände nicht zu einem staatsanwaltschaftlichen Eingreifen
ausreichen. Mertesacker ist froh, dass die Polizei bei Akuteinsätzen die
betroffene Frau um ihr Einverständnis fragen darf, die Interventionsstelle des
SkF zu benachrichtigen. Stimmt sie zu, nimmt die SkF-Stelle mit ihr Kontakt auf
und bietet ihr Unterstützung an. Das gebe, so Mertesacker, auch den am Einsatz
beteiligten Beamten ein gutes Gefühl.
Gabriele Hufen nennt die Zusammenarbeit zwischen SkF-Interventionsstelle
und der Polizei, wie sie sich zum Stalking-Problem, aber auch im Zusammenhang
mit dem vom SkF betriebenen Frauenhaus in Mainz entwickelt hat, eine
„Erfolgsgeschichte“. „Sie ist total neu und erfolgreich“, sagte sie unter
Zustimmung des Vertreters des Innenministeriums und der Vertreterin der
Polizei.
J. Otto Weber
Kontakt:
Interventionsstelle (ist)
des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF) Mainz
Römerwall 67
55131 Mainz
Tel: 06131/6176570
Tel der Beratungsstelle des
Frauenhauses Mainz:
06131/279292
E-Mail
:
frauenhaus.mainz@t-online.de