Mainz. – Wie die Erfindung der
Buchdruckerkunst durch Johannes Gutenberg die Kommunikation zwischen Menschen
völlig verwandelt hat, werden auch die Elektronischen Medien die Kommunikationslandschaft
weiter revolutionär verändern. Diese
Erwartung formulierte Prof. Dr. Hans-Joachim Gehrmann auf dem Ersten Mainzer
Forum „Onlineberatung in der sozialen Arbeit“, bei dem der Caritasverband Mainz
am 29. September in Mainz seine Erfahrungen aus dem ersten Jahr Online-Beratung
vorstellte und einen Blick in die Zukunft wagte. Vor einem knappen Jahr hat der
Caritasverband Mainz seine „Helpline“ zur Online-Beratung freigeschaltet. Seitdem
wurden 338 Personen per Internet zu den Themenfeldern „Sucht“, „Schulden“,
Sozialhilfe / Arbeitslosengeld II“, „Frauen in Notsituationen“ und „Bei
psychischer Krankheit“ beraten. Nach Lage der Dinge zur Zeit kann eine
Online-Beratung bei schweren sozialen Problemen eine persönliche Beratung nicht
ersetzen. Durch ihren niederschwelliger Zugang – dem Ratsuchenden wird
Anonymität garantiert – kann sie aber Fragen im Vorfeld klären und den Weg zu
einer persönlichen Beratung ebnen.
Welche Chancen in Zukunft in dem
noch verhältnismäßig jungen neuen Medium stecken, vermag derzeit niemand zu
sagen, so Prof. Gehrmann von der Fachhochschule Darmstadt. Er begleitet zusammen
mit einer Studentengruppe das von Stefan Roth geleitete Projekt des
Caritasverbandes Mainz wissenschaftlich und als Berater.
Spaltung
der Wissensgesellschaft droht
Ein
alarmierendes Problem sieht Gehrmann freilich darin, dass die Personengruppen
mit den größten sozialen Problemen nur weit unterdurchschnittlich die Chancen
nutzen können, die das Internet schon heute und erst recht in Zukunft bietet.
Er plädiert deshalb leidenschaftlich dafür, dass Wohlfahrtsverbände und
öffentliche Stellen diesen Personengruppen großzügig Internetzugänge zur
Verfügung stellen. Nach erfolgter Teilung unserer Gesellschaft in Reiche und
Arme drohe eine weitere Spaltung unserer Gesellschaft in Menschen, die über das
Internet Zugang zur Wissensgesellschaft haben, und solche, die von ihr ausgeschlossen
sind, warnte Gehrmann.
Der
Caritasverband Mainz hat schon vor sieben Jahren auf der CeBIT in Hannover
erste Erkundigungen zum Aufbau einer Online-Beratung eingezogen, verriet Caritasdirektor
Wolfgang Schnörr in einer von Dr. Markus Höffer-Mehlmer moderierten Talkrunde
zur bisherigen Entwicklung. Damals habe es noch keine brauchbaren Programme zu
erschwinglichen Preisen gegeben, so Schnörr. Vor zwei Jahren sei dann in Partnerschaft
mit der Berliner Firma „zone35“ der Startschuss zu dem von Stefan Roth
geleiteten Projekt gefallen. Seit November vergangenen Jahres ist das Projekt
im Internet zugänglich. Seitdem, so Projektleiter Roth, sammeln
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Caritasverbandes Mainz, die bis dato nur
die Beratung in persönlichen Gesprächen kannten, mit gutem Erfolg Erfahrungen
im Umgang mit den Menschen, die über das Internet Beratung suchen. Sie treten
mit den Ratsuchenden bevorzugt in Gruppen-Chats zu bestimmten Themen in
Kontakt, aber auch in Einzel-Chats und per E-Mail-Beratung. Das
rheinland-pfälzische Ministerium für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit
beobachtet sehr wohlwollend die neue Entwicklung, sagte als sein Vertreter
Ministerialrat Harald Müller. Erstmals sei beantragt worden, Mittel zur
Förderung des niederschwelligen Zugangs und zum Erhalt einer hohen Qualität der
Online-Beratung in den Haushalt einzustellen. Bisher erfolgte eine Förderung
des Mainzer Online-Projektes lediglich durch den Caritasverband für die Diözese
Mainz.
Seine
Firma habe vor Jahren erste Erfahrungen zum Aufbau von Programmen zur
Online-Beratung über das Anliegen eines regionalen Radiosenders in Berlin gesammelt,
der mit seinen Hörern in enge Online-Kontakt kommen wollte, sagte Andreas
Wimmer, Geschäftsführer der Partnerfirma „zone35“. Darauf aufbauend habe man
die Programme entwickelt, die unter Anderen auch der Caritasverband Mainz für
seine Online-Beratung nutzt.
Mehr als zwei Millionen Einträge
finde man, wenn man etwa über die Suchmaschine „Google“ nach „Online-Beratung“
suche, sagte Gehrmann. Nur ein verschwindend kleiner Teil davon betreffe
Online-Beratung zu sozialen Fragen. So kann sich der Caritasverband Mainz
durchaus zu den Pionieren zählen, die Neuland betreten, die Erfahrungen
sammeln, weiterentwickeln und neue Felder erschließen zur Hilfe für
benachteiligte Menschen. Prof. Gehrmann, ehrenamtlich zugleich zehn Jahre lang
Mitglied des Vorstandes und seit 2004 Aufsichtsratsmitglied des
Caritasverbandes für die Diözese Mainz, sah den Beginn einer ähnlichen
Entwicklung, wie sie vor 35 Jahren von Worms ausgegangen war, als dort die
erste Sozialstation verwirklicht wurde, die zum Urbild aller Sozialstationen in
der Bundesrepublik wurde.
J. Otto Weber
Kontakt:
www.caritas-mainz.de
- Button: Helpline
Weitere Auskünfte zum Projekt: Stefan Roth,
Fon 06131/233782, E-Mail:
s.roth@caritas-mz.de