„Trotz angespannter Finanzlage werden wir unsere Arbeit in der
Abschiebungshaft in Ingelheim weiter fortsetzen.“ Mit dieser Perspektive
stellten das Diakonische Werk in Hessen und Nassau und der Caritasverband der
Diözese Mainz am Donnerstag, 17. März, ihren Bericht „Zweieinhalb Jahre ökumenisches
Projekt in der Abschiebungshaft in Ingelheim“ vor. Die beiden kirchlichen Wohlfahrtsverbände
bieten in dem gemeinsam verantworteten Projekt in der Abschiebungshaft neben
der unabhängigen Beratung durch eine hauptamtliche Mitarbeiterin einmal wöchentlich
eine kostenlose Rechtsberatung durch Rechtsanwälte an, die im Asyl- und
Ausländerrecht erfahren sind. Darüber hinaus stellen Diakonie und Caritas einen
Rechtshilfefonds bereit, damit auch inhaftierte Personen, die nicht über
Geldmittel verfügen, Haftbeschwerde einlegen können.
Pfarrer Dr. Wolfgang Gern, Vorstandsvorsitzender des
Diakonischen Werks in Hessen und Nassau, und Hans-Jürgen Eberhardt,
Vorstandsvorsitzender des Diözesancaritasverbandes in Mainz, nannten in diesem
Zusammenhang besonders das Engagement der haupt- und ehrenamtlich
Mitarbeitenden, der Dolmetscherinnen und Dolmetscher und der Rechtsanwälte als
vorbildlich. Ohne dieses Engagement wäre vieles nicht leistbar.
Dass die Arbeit auch von staatlicher Seite geschätzt
werde, zeige sich daran, dass das Land dem ökumenischen Projekt und den
Ehrenamtlichen ein Beratungsraum und die nötige Infrastruktur kostenlos zur
Verfügung stelle, sagten Gern und Eberhardt. Zugleich werde es künftig aber
auch darum gehen müssen, weitere Partner zu finden, die diese Arbeit
mitfinanzierten. Analog zur Praxis in Nordrhein-Westfalen, wo Rechtsberatung in
den Abschiebungshaftanstalten mit Landesmitteln finanziert werde, sollten die
entsprechenden Kosten auch in Rheinland-Pfalz durch das Land getragen werden,
appellierten die Vertreter von Diakonie und Caritas. „Hier geht es um die glaubwürdige
Umsetzung unseres Rechtsstaatsprinzips in einem hoch sensiblen Bereich, und dessen
Schutz sollte auch durch öffentliche Gelder sichergestellt
werden“, sagten Gern und Eberhardt.
Die Erfahrung in Ingelheim zeige, dass
Abschiebungshaft häufig zu schnell und ohne ausreichende Begründung angeordnet
werde. So seien im Jahr 2004 von 80 inhaftierten Personen, die durch den
Rechtshilfefonds unterstützt und von Rechtsanwälten aus dem ökumenischen
Projekt vertreten wurden, 33 Personen aus der Haft entlassen worden. Bei 13
Personen sei das Verfahren noch anhängig. Wie wichtig die Rechtsberatung sei,
belege das Beispiel eines kurdischen Flüchtlings aus der Türkei. Er sei in
Abschiebungshaft gekommen, nachdem er bei einer Personenkontrolle ohne Papiere
angetroffen worden sei. Obwohl der Betroffene sofort Asyl beantragt hätte, sei
ihm durch die Behörden vorgeworfen worden, dass er unter verschiedenen Namen
bereits zwei Asylanträge gestellt hätte, die beide rechtskräftig abgelehnt
worden seien. Nur nach aufwändigen Recherchen habe man nachweisen können, dass
dies nicht der Fall war, so dass der Betroffene aus der Haft entlassen werden
konnte. Er ist inzwischen aufgrund der Prüfung seines Asylgesuchs als
Flüchtling anerkannt.
Die Abschiebungshaft in Ingelheim existiert seit Mai
2001. Sie hat 152 Haftplätze, zur Zeit sind etwa 90 Männer dort inhaftiert.
Wenn demnächst die zweite rheinland-pfälzische Abschiebungshaft in Zweibrücken-Birkhausen
geschlossen wird, werden auch Frauen nach
Ingelheim kommen. Das Haftgebäude gleicht einem Sicherheitsgefängnis.
Eine fünf Meter hohe Betonmauer trennt die Insassen von der Außenwelt. Durch
die vergitterten Fenster in den Innengebäuden fällt der Blick auf dreifachen Stacheldraht.
Diakonie und Caritas setzen sich seit Jahren dafür
ein, dass Abschiebungshaft nur als ultima ratio angewandt wird und in der Dauer
drei Monate nicht überschreiten soll. Sie plädieren entschieden dafür die
Anordnung von Abschiebungshaft zu reduzieren.
Hinweis
Der Bericht „Zweieinhalb Jahre ökumenisches Projekt in der
Abschiebungshaft
in Ingelheim“ kann
angefordert werden bei:
Diakonisches Werk in Hessen und Nassau, Landesgeschäftsstelle,
Ederstraße 12, 60486 Frankfurt am Main, Telefon: 069 / 7947 300, oder
Caritasverband
für die Diözese Mainz e.V. , Holzhofstr. 8, 55116 Mainz, Telefon: 06131/2826280