Pressemitteilung des Caritasverbandes für die Diözese Mainz
Nr. 1/2001 – 9. Januar 2001

Verantwortlich: J. Otto Weber - Fon 06131/2826-254 - Fax 2826-279
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Mit ihrem Jahresthema 2001 greift die Caritas ein vielfältiges Gesellschaftsphänomen auf und zeigt Wege aus der Isolation:
 Einsamkeit isoliert – Caritas verbindet

Mehr Menschen sind 1998 durch Freitod ums Leben gekommen als durch Verkehrsunfälle. Häufigste Ursache für den Freitod: Ausweglosigkeit, Verzweiflung, Einsamkeit. Einsamkeit ist in Deutschland zu einem Massenphänomen geworden, das Menschen aller Gesellschaftsschichten betrifft: Junge wie Alte, Reiche wie Arme, Gesunde wie Kranke, Nichtbehinderte wie Behinderte, Singles  wie Verheiratete, erfolgreiche Manager wie Arbeitslose. Mit ihrem Jahresthema 2001 will die Caritas das Problem zunehmender Einsamkeit in den Blickpunkt der Öffentlichkeit rücken und zugleich Wege zu seiner Überwindung aufzeigen: „Einsamkeit isoliert – Caritas verbindet.“

Viele alte Menschen leiden unter Einsamkeit, die häufig damit beginnt, dass der Partner stirbt und es nicht gelingt, sich in einen neuen Freundeskreis zu integrieren. Aber auch unter jungen Menschen ist Einsamkeit kein Fremdwort. Viele Kinder und Jugendliche, die alles haben, leiden unter mangelnder Zuwendung und Liebe. Andere müssen zu Beginn ihrer Ausbildung erfahren, dass die Gesellschaft sie eigentlich nicht braucht. Auch die Bandenbildung in extremen Organisationen ist häufig ein Aufbegehren gegen Einsamkeit.

Armut führt nicht selten zu Vereinsamung, weil Arme nur sehr eingeschränkt am gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben teilnehmen können. In einer Gesellschaft, der Wohlstand, Gesundheit und Leistungsfähigkeit über alles gehen, ist wenig Platz für kranke Menschen und Menschen mit körperlichen, geistigen und psychischen Behinderungen. Suchterkrankungen sind Folge und Ausdruck von Vereinsamung, allerdings – in Wechselwirkung – auch deren Ursache.

Fremde tun sich besonders schwer, ihre Isolation zu überwinden – in einem Land, in dem immer wieder fremdenfeindliche Diskussionen aufleben und in dem es immer wieder zu kriminellen fremdenfeindlichen Übergriffen durch radikale Gruppierungen und Organisationen kommt. Aber auch eine vom Arbeitsmarkt geforderte Mobilität, die auf soziale oder familiäre Bindungen keine Rücksicht nimmt, entwurzelt viele der davon betroffenen Menschen und lässt nicht wenige einsam werden.

So widersinnig es scheint: Auch die moderne Kommunikationsgesellschaft kann Einsamkeit fördern, wenn Menschen ihre sozialen Kontakte zurückfahren auf Begegnungen im Internet auf dem Bildschirm. Aber auch diejenigen können in Isolation geraten, die von den faszinierenden neuen Möglichkeiten der Kommunikationstechnik ausgeschlossen sind, weil sie sich in diese Welt nicht mehr hineindenken oder die notwendige Technik nicht leisten können: insbesondere ältere und arme Menschen.

Ein Indikator für zunehmende Einsamkeit ist die hohe Zahl der Singles. Lebten 1957 knapp 3,4 Millionen Menschen in Ein-Personen-Haushalten, waren es 1999 in Westdeutschland 11,2 Millionen.

Caritas verbindet

Fast alle Arbeit der Caritas – ob ehren- oder hauptamtlich geleistet – hat das Ziel, Einsamkeit zu überwinden und Verbindungen zwischen Menschen entstehen zu lassen: In vielen Pfarreien gibt es Besuchsdienste für neuzugezogene, für alte und kranke Menschen. Initiativgruppen engagieren sich für Asylbewerber, treten für ihre Rechte ein und bauen Brücken, die aus Fremden Freunde werden lassen. Hospizgruppen helfen mit, dass Menschen auch im Sterben nicht alleine sind. In den Kindergärten der Gemeinden wird partnerschaftliches Zusammenleben von Kindern unterschiedlicher sozialer Gruppen und nationaler Herkunft wie selbstverständlich gelebt. Hausaufgabeninitiativen wollen benachteiligten Schülerinnen und Schülern aus ausländischen wie deutschen Familien zu mehr Chancengleichheit verhelfen.

Aber auch die mehr hauptamtlich getragenen Beratungsdienste der Caritas wollen Menschen aus ihrer Einsamkeit herausholen: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Allgemeinen Lebensberatung, der Migrationsberatung, der Suchtberatung und Streetworker ermutigen Menschen, ihre eigenen Kräfte und Fähigkeiten wieder zu entdecken und zu aktivieren. Die Ehe-, Familien- und Lebensberatung hilft genauso wie die Erziehungsberatung Menschen, neue Wege miteinander zu finden. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Sozialstationen wie der stationären Pflegeheime betreuen ihre Patientinnen und Patienten, ihre Bewohnerinnen und Bewohner nicht nur pflegerisch, sondern nehmen sie in ihrer menschlichen Würde ernst - trotz aller Widrigkeiten, die ihnen die Pflegeversicherung auferlegt.

jow