„Die
Inhaftierungszahlen in der Abschiebungshaftanstalt Ingelheim sind zwar im Jahr
2008 kontinuierlich zurückgegangen. Trotzdem werden leider immer noch Menschen
in Haft gesteckt, die da nicht hingehören.“ Das sagte der Vorstandsvorsitzende
des Caritasverbandes für die Diözese Mainz, Domkapitular Hans-Jürgen Eberhardt,
zur Auswertung des gemeinsamen Rechtshilfefonds von Caritas und Diakonie. „2008
wurden 55 Fälle durch den Rechtshilfefonds von Caritas und Diakonie
bezuschusst. Davon sind 46 Rechtshilfefälle abgeschlossen und 18 Personen sind
aus der Abschiebehaft entlassen worden “, erläuterte Pfarrer Dr. Wolfgang Gern,
Vorstandsvorsitzender des Diakonischen Werks in Hessen und Nassau (DWHN).
„Knapp 40 Prozent der rechtlichen Interventionen, die durch den Rechtsfhilfefonds
unterstützt worden sind, haben zur Freilassung geführt. Mit anderen Worten:
Knapp 40 Prozent der Inhaftierungen waren rechtswidrig beziehungsweise
rechtsfehlerhaft. Das ist ein unhaltbarer Zustand und für die Betroffenen nicht
zumutbar“, so Gern.
Die beiden Verbände finanzieren seit Ende
2001 neben einer unabhängigen Beratungsstelle unter anderem einen
Rechtshilfefonds für rechtliche Interventionen, etwa um die Verhängung von
Abschiebehaft in Einzelfällen überprüfen zu lassen oder andere asyl- und
ausländerrechtliche Schritte einzuleiten. Beide Verbände begrüßten die im Jahr
2008 erfolgte Kostenbeteiligung des Innenministeriums an den Kosten für die
Sprachmittler, die für die rechtsanwaltliche Beratung der Abschiebehäftlinge in
vielen Fällen unerlässlich ist. Nach wie vor müsse allerdings deutlich
kritisiert werden, dass immer noch zu viele Menschen vorschnell beziehungsweise
ohne ausreichende Prüfung in Abschiebungshaft genommen werden.
Eberhardt
und Gern wiesen zudem darauf hin, dass häufig auch psychisch kranke Menschen in
Abschiebungshaft gesteckt werden. In zwei Fällen seien die Betroffenen in die
Rheinhessenklinik nach Alzey verlegt und aus der Psychiatrie heraus abgeschoben
worden. „Wir sehen mit großer Besorgnis, dass immer wieder psychisch kranke
oder auch traumatisierte Menschen inhaftiert werden. Dies ist mehr als
bedenklich. Wir fordern daher eine eingehende Untersuchung vor der Inhaftierung,
die von unabhängigen Fachärzten vorgenommen werden muss.“
Abschiebungen nach
Griechenland aussetzen
Kritisch beurteilen beide
Verbände zudem die Zurückschiebungen nach Griechenland. Das Dubliner Abkommen
regelt die Zuständigkeit für die Durchführung von Asylverfahren in Europa.
Danach ist das Land, in dem der Flüchtling zuerst registriert wurde, zuständig.
Auf dieser Grundlage werden auch Zurückschiebungen nach Griechenland
durchgeführt.
„Wir fordern
die sofortige Aussetzung der Abschiebungen nach Griechenland. Die dortigen
Zustände sind menschenverachtend. Es kommt häufig zu Übergriffen und Misshandlungen
von Asylsuchenden durch Sicherheitskräfte. Hilfesuchende Menschen werden für
Monate unter unmenschlichen Bedingungen eingesperrt“, berichteten Eberhardt und
Gern. Pro Asyl habe diese Fälle detailliert dokumentiert und veröffentlicht.
Die zuständigen Behörden verschlössen davor jedoch die Augen. Daher fordern die
beiden Verbände Innenminister Bruch auf, sich beim zuständigen Bundesinnenminister
Schäuble für die Aussetzung der Abschiebungen nach Griechenland einzusetzen.
Stichwort: Abschiebungshaft
in Ingelheim
Die Abschiebungshaft in Ingelheim existiert seit Mai
2001. Sie hat 152 Haftplätze. Zur Zeit sind 52 Männer und Frauen dort
inhaftiert. Eine fünf Meter hohe Betonmauer trennt die Insassen von der Außenwelt.
Durch die vergitterten Fenster in den Innengebäuden fällt der Blick auf
dreifachen Stacheldraht.
Stichwort:
Rechtshilfefonds
Mit dem Rechtshilfefonds werden Verfahren teilfinanziert, um die
Verhängung von Abschiebungshaft zu überprüfen oder andere asyl- und
ausländerrechtliche Schritte einzuleiten. Der Rechtshilfefonds wird von
Diakonie und Caritas aus Eigenmitteln und aus Spenden finanziert.