Nr. 11/2010,
01. Juni 2010
Die Märkte sozialer Dienstleistungen brauchen
Regeln
Caritas soll Märkte
Sozialer Dienstleistungen aktiv mit gestalten
Mainz.
Erstmalig begrüßte Weihbischof Dr. Werner Guballa als einladender
Aufsichtsratsvorsitzender des Caritasverbandes für die Diözese Mainz e.V.
Aufsichtsräte der sechs Caritasverbände im Bistum Mainz zum „Tag der Aufsichtsräte“
am Samstag, den 29. Mai 2010, von 10.00 - 15.00 Uhr, im Bischof-Stohr-Haus, in
Mainz-Bretzenheim. In seinem Eingangsreferat „Caritas im Markt sozialer
Dienstleistungen“
warb Prof.
Dr. Georg Cremer, Generalsekretär des Deutschen Caritasverbandes (DCV), für die
Gestaltung der Märkte sozialer Dienstleitungen nach fairen Konditionen. „
Ein naturwüchsiger
Wettbewerb ist in der Regel kein Leistungswettbewerb“, so Cremer. Kluges
unternehmerisches Handeln der Caritas und der Wettbewerb kann helfen die Einrichtungen
und Dienste an die Bedürfnisse der Nachfrager/-innen und Hilfebedürftigen anzupassen.
So haben sich inzwischen die Öffnungszeiten im Kindertagesstättenbereich sehr
stark an die veränderten familiären und beruflichen Bedarfe angepasst. Ganz
wichtig, so Cremer, ist es die Märkte so zu ordnen, das die selbstbestimmte Teilhabe
der Hilfebedürftigen umgesetzt wird. Diese Anliegen transportieren auch die Teilhabeinitiative
des DCV (2009-2011) und die Jahreskampagnen 2009 für Menschen am Rande, 2010 „Experten
fürs Leben“ für hoch betagte Menschen und 2011 für Menschen mit Behinderungen.
Deutlich wurden in der durch
Diözesancaritasdirektor Thomas Domnick moderierten Diskussion das Spannungsfeld
zwischen der „Teilhabe für alle“, dem „Wahlrecht für alle“ und der „selbstbestimmten
Teilhabe auch der Armen“ auf der einen Seite und den Gesetzmäßigkeiten des
„Marktes“ auf der anderen Seite. „Märkte sind kein Selbstzweck und die Menschen
sind immer als Produzenten und Konsumenten der Dienstleitungen Mitgestalter des
Marktes“, so Cremer, der auch die Anwaltsfunktion der Caritas für Benachteiligte
in das Markthandeln mit einbezog. Prof. Dr. Hans-Joachim Gehrmann,
Aufsichtsratmitglied im Caritasverband für die Diözese Mainz e.V., wies auf die
notwendige, spannungsreiche strategische Ausrichtung der Caritasverbandsarbeit zwischen
der Mitgestaltung der sozialen Dienstleistungsmärkte und der notwendigen
sozialen Sicherung der Menschen, die sich nicht über Versicherungsleistungen
oder eigenes Geld absichern können, hin. Cremer räumte ein, dass es kein Zufall
ist, dass Leistungen der sozialen Sicherung für Arme nicht so abgesichert sind,
wie für die Mehrheitsbevölkerung. „Gerade die ambulanten Beratungsdienste sind
in der Finanz- und Wirtschaftskrise, die nun auch die Finanzen der Kommunen und
die Kirchensteuermittel verstärkt trifft, am wenigsten abgesichert,“ so Caritasdirektor
Georg Diederich, Worms. Die Caritasverbände sollen in diesem Feld mit dem
nötigen Augenmaß auch wirtschaftliche Risiken gezielt und geplant eingehen und
brauchen dazu die Beratung, Aufsicht und Kontrolle durch die Aufsichtsräte, so eine
von mehreren geäußerte Meinung im Plenum. „Der Einsatz der Kirchensteuermittel
und die Entwicklung von Kriterien für die vg. Risiken sind weiter zu
profilieren, “ fügte Diözesancaritasdirektor Hans-Jürgen Eberhardt hinzu.
Zur Sprache kam aber auch,
wie sich die Einrichtungen und Dienste der Caritas auf den Märkten sozialer
Dienstleistung behaupten können und wie sie sich verändern müssen. Notwendig dafür
ist u. a. eine stärkere Vernetzung der Dienste; der beruflichen und
nicht-berufliches Hilfesysteme; ein verstärktes Benchmarking der Einrichtungen;
eine gemeinsam getragene Tarifpolitik mit verbesserten regionalen
Öffnungsklauseln, usw. Gleichzeitig zeichnet sich ein Fachkräftemangel ab, der
die Personalgewinnung immer notwendiger macht. Dabei werden neben dem Gehalt
insbesondere eine gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf und
verbandsübergreifende Berufsperspektiven für die Mitarbeiter/-innen immer
wichtiger. Cremer wies daraufhin dass die Caritas in den letzten Jahren schon
viel Wandel überwiegend positiv mit gestaltet hat, wie z.B. die stärkere
Integration von Menschen mit Behinderungen in die Städte und Gemeinden und
deren Unterstützung durch ambulante Dienste.
Eingeladen hatte
Weihbischof Dr. Werner Guballa, Vorsitzender des Caritas-Aufsichtsrates
des Caritasverbandes für die Diözese Mainz e.V. (Diözesancaritasverband), alle 41
Caritas-Aufsichtsratsmitglieder/-innen der sechs Caritasverbände
(Diözesancaritasverband, Caritasverbände Darmstadt, Gießen, Mainz, Offenbach
und Worms).
Weihbischof Dr. Guballa dankte Prof. Cremer für den Überblick über die
Gestaltungsnotwendigkeiten und den aktuellen Stand der Positionen des DCV zu den
Sozialen Dienstleistungsmärkten, der Bruderhilfeversicherung für das Sponsoring
der Tagung und vor allem den Aufsichtsratsmitgliedern, die sich für die Sache
der Caritas engagieren. Die Diskussion soll in den Aufsichtsräten der einzelnen
Caritasverbände fortgesetzt werden. Im nächsten Jahr, so schlug Prof. Gehrmann
vor, sollen die Ergebnisse und Entwicklungen wieder in dieser Runde ausgetauscht
werden.
agd