Pressemitteilung des Caritasverbandes für die Diözese Mainz
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Demonstration am "Tag der Menschenrechte": Abschiebekomplex Ingelheim stoppen
Rheinland-Pfalz. - Viele Teilnehmer an einer Demonstration am "Tag der Menschenrechte" (10. Dezember 1999) waren erschüttert, als der Protestzug an der ehemaligen Zentralen Aufnahmestelle für Asylbewerber des Landes Rheinland-Pfalz angekommen war: Das Gelände war von einem stabilen hohen Zaun umgeben und wurde durch private Wachmannschaften, die sogenannten "schwarzen Sheriffs", bewacht. Hinein darf nur, wer einen besonderen Ausweis hat. Schon wer den Bürgersteig - noch weit entfernt vom Zaun - betrat, wurde zurückgepfiffen. Ein Polizeibeamter, danach befragt, ob das auch aus seiner Sicht sein dürfe, meinte lakonisch: "Es ist wie bei der ehemaligen DDR: Die Grenze verläuft vor dem Zaun". Hinter dem Zaun leben derzeit rund 200 Flüchtlinge aus dem Kosovo in einer sogenannten "Notunterkunft". Weiterhin befindet sich hinter dem Zaun die "Landesunterkunft für Ausreisepflichtige" mit 100 Plätzen, von denen derzeit 7 mit Menschen belegt sind, die gedrängt werden, "freiwillig" zu erklären, dass sie ausreisen wollen. Schließlich befindet sich noch eine riesige Baustelle hinter dem Zaun, wo ein Abschiebegefängnis mit 100 Plätzen für Abschiebehäftlinge aus Rheinland-Pfalz und 50 aus dem Saarland gebaut wird, das Ende 2000 fertig sein soll. "Stoppt diesen teuren, unsinnigen, menschengefährdenden Abschiebekomplex Ingelheim" forderte die Demonstration, zu der der "Arbeitskreis Asyl Rheinland-Pfalz" und der Ausländerbeirat des Landkreises Mainz-Bingen aufgerufen hatten. Axel Geerlinge-Diel, Migrationsreferent beim Caritasverband für die Diözese Mainz: "In Deutschland werden wieder Lager eingerichtet, wie wir sie mit einer unseligen Vergangenheit verbinden. Wir müssen für die Rechte der Flüchtlinge kämpfen - und für unsere Rechte!" Vorausgegangen war der Demonstration eine Informationstagung im Ingelheimer Fridtjoff-Nansen-Haus, bei der Referatsleiter Wilfried Schmäing vom rheinland-pfälzischen Innenministerium zugegeben hat, dass es für die Praxis in dem Lager noch keine richtige Konzeption gebe. Eine Konzeption gibt es aber offensichtlich sehr wohl bezüglich des Ziels, das durch den Gesamtkomplex erreicht werden soll: Neu ankommende Flüchtlinge sollen durch die Unterbringung gleich sehen, was ihnen in Deutschland blühen kann. Abgelehnte Flüchtlinge sollen durch Einweisung in die "Landesunterkunft für Ausreisepflichtige" dazu bewegt werden, "freiwillig" ihren Ausreisewillen zu bekunden. Für den Fall, dass sie dies nicht tun, sollen sie künftig das Abschiebegefängnis vor Augen haben, das sich derzeit im Bau befindet. Das Land Rheinland-Pfalz wird sich den Betrieb des Komplexes im kommenden Jahr 7 Millionen DM kosten lassen. Im Jahre 2001, wenn das Gefängnis fertig ist, sollen gar 21 Millionen DM dafür ausgegeben werden. Inzwischen zwingen - wie bei der Tagung gesagt wurde - weltweit Kriege und Bürgerkriege Menschen weiterhin zur Flucht, ist die Lage im Kosovo und in Bosnien nach wie vor unsicher, nimmt in Algerien der Terror zu und sind in der Türkei Menschenrechtsverletzungen an der Tagesordnung. In Lübbecke (Nordrhein-Westfalen) gab es über ein Jahr lang eine Einrichtung, die der "Landesunterkunft für Ausreisepflichtige" entsprach, wie sie in Ingelheim im Aufbau ist. Axel Geerlings-Diel berichtete von dort, dass es mehrere Selbstmorde gegeben habe. Durch das Zusammenleben unterschiedlicher Nationalitäten auf engem Raum seien eine Reihe von Konflikten entstanden. Die Angst vor bevorstehenden Abschiebungen habe zu starken Spannungen geführt, die sich in Gewalt und Aggressionen entladen hätten. Schließlich sei es nur in etwa 5 Prozent der Fälle zu einer tatsächlichen Abschiebung gekommen; bei allen anderen sei die Abschiebung an anderen Hürden gescheitert, etwa daran, dass die Herkunftsländer die Einreise verweigerten oder keine Papiere zur Weiterreise zu beschaffen waren. - Vor sechs Wochen habe das Land Nordrhein-Westfalen diese Einrichtung wieder geschlossen. Rheinland-Pfalz könne viel Geld sparen, wenn es - aus diesen Erfahrungen lernend - den Aufbau der "Landesunterkunft für Ausreisepflichtige" stoppe. t |