Rheinhessen/Worms/Osthofen – Beim BundestagsabgeordnetenKlaus Hagemann, dem prominentesten Besucher, rief die Ausstellung bei ihrerEröffnung ein tiefes Kindheitserlebnis wach: Der Wormser Künstler Horst Rettighat Fotos der Arbeiten eines Kunstwettbewerbs, der vor zwei Jahren vomCaritasverband Worms unter dem Titel „Mittendrin statt nur daneben?!“durchgeführt worden war, neu als Rauminstallation konzipiert und ihr durchweitere Elemente eigene Akzente gegeben. Dazu zählen auch vier Waschschüsselnmit je einem Stück Kernseife und einer Migrationsdecke. Klaus Hagemann, der alsfünfjähriger Junge aus Sachsen-Anhalt auf die Flucht gehen musste, erinnertsich noch genau an das Erlebnis, als die Familie nach langer Zeit der Entbehrungenendlich wieder eine eigene Waschschüssel bekam. „Wie waren wir froh darüber!“,sagte er bei der Eröffnung der neuen Ausstellung des Caritasverbandes Worms imkatholischen Gemeindezentrum Osthofen. Hagemann sprach an, was viele derMenschen erlebt haben, die im Landesdurchgangswohnheim Osthofen einevorübergehende Bleibe gefunden haben oder hatten. Die eigene Waschschüsselsteht für ein Stück neu zurückgewonnene Menschenwürde.
Die neu eröffnete Ausstellung ist Teil eines „KIT“genannten Projektes des Caritasverbandes Worms. Es will
„Projekt KIT“: Begegnung schaffen
Mit dem Projekt „KIT“ wolle der Caritasverband Wormsvielfältige Begegnungsmöglichkeiten zwischen Menschen unterschiedlicherKulturen mit unterschiedlichem Erfahrungs- und Erlebnishintergrund schaffen,sagte der Wormser Caritasdirektor Georg Diederich zur Eröffnung der Ausstellung,zu der er auch zahlreiche Vertreter von Parteien, Schulen, Vereinen und derKirchengemeinden begrüßen konnte, unter ihnen den katholischen PfarrerChristoph Zell. „Integration geschieht durch Menschen, die sich dafüreinsetzen, dass Ausgrenzung keinen Platz hat.“ Zu diesem Ziel sei vor zweiJahren der Kunstwettbewerb „Mittendrin statt nur daneben?!“ ausgeschriebenworden, dessen Ergebnisse durch das Engagement von Horst Rettig noch einmal inanderem Licht präsentiert würden, erinnerte Diederich.
Integration zu fördern sei seit vielen Jahren ein Anliegender Arbeit des Caritasverbandes Worms im Landesdurchgangswohnheim Osthofen, soFachbereichsleiter Georg Bruckmeir. „Wir wollten jedoch nicht Treffpunktebauen, zu denen die Menschen hinkommen müssen, vielmehr die Räume nutzen, wosich die Menschen ohnehin treffen und dort Gelegenheit zum Gespräch miteinanderschaffen. Die Kunstausstellung sei ein „Medium zur Begegnung“.
Integration durch Begegnung zu fördern ist seit langem einAnliegen von Eva Bertz, der Leiterin der Caritas-Beratungsstelle im LandesdurchgangswohnheimOsthofen, Seitdem im Herbst letzten Jahres der Diplom-Pädagoge André Trennertmit dem Arbeitsschwerpunkt „Projekt KIT“ neu dazu gekommen ist, bekam dieseArbeit neuen Schwung.
Integration – ein öffentliches Anliegen
Die Menschen, die heute als Aussiedler zu uns kommen,brächten weniger Deutschkenntnisse mit als die früherer Jahre, sagte Hagemannin einem Grußwort. Deshalb seien verstärkte Anstrengungen zu ihrer Integrationnotwendig. Der Bund, der mit 30.000 € auch an KIT beteiligt ist, unterstützediese Bemühungen.
Er freue sich, so der Osthofener Bürgermeister BerndMüller, dass der Caritasverband Worms das Projekt „KIT“ ins Leben gerufen habe.In Osthofen, wo durch das Landesdurchgangswohnheim viele fremde Menschenvorübergehend leben und sich auch bleibend angesiedelt haben „müssen wirIntegration leben“, sagte er. Er verwies auf viele Anstrengungen auch derStadtverwaltung wie den „Runden Tisch“, zu dem sich regelmäßig Vertreter derVerwaltung, der Polizei, der Schulen, der Vereine und Verbände mit dem gleichenZiel zusammenfinden, und sagte der Caritas die Unterstützung der Stadt zu.
Kinder wirkten mit
Integration beginnt im Kleinen und bei den Kleinen. DieKinder des Caritas-Kindergartens im Landesdurchgangswohnheim – sie kommen ausverschiedenen Ländern Osteuropas, aber auch aus Deutschland - illustriertendies eindrucksvoll mit dem Lied „Wirbringen Frieden für alle“ und einer kleinen Aufführung: „Wir sind Kinder dieserWelt“.
Ausstellung als Rauminstallation
Aus Fotos der Arbeiten des Kunstwettbewerbs von vor zweiJahren habe er eine Rauminstallation geschaffen, erläuterte Horst Rettig seinkünstlerisches Schaffen. Die Fotos hat er auf Tischen ausgelegt, an denen die Besucherentlang gehen können und die überdies in der Form eines Fragezeichensangeordnet sind. „Wir schicken den Betrachter auf den Weg", sagte er. Ausder Ausstellung könnten auch einzelne Aussagen und Bilder herausgelöst und zumGegenstand gesonderter Betrachtung genommen werden. Zu den Werkenhinzukomponiert hat Rettig die Waschschüsseln, Von seinen Großeltern habe ergehört, „wie toll es war, sich nach langen Entbehrungen wieder waschen zudürfen“. Weiterhin hinzugefügt hat Rettig der Ausstellung Arbeitsjacken, wiesie heute noch bei der BASF in Ludwigshafen in Gebraauch sind. DurchNamensschilder weisen aus, dass sie Arbeitern unterschiedlicher Nationalitätengehören. „Tagsüber sind die Menschen den gleichen Gefahren ausgesetzt – aberabends gehen sie getrennter Wege“, so Rettig nachdenklich.