01. Dezember 2010
Kürzungen bei Eingliederungsleistungen
sind kontraproduktiv
Langzeitarbeitslose brauchen eine aktive
Eingliederung in den Arbeitsmarkt
Mainz.
Die Bundesregierung wird ab 2011 und in den
Folgejahren die Mittel für Leistungen zur Eingliederung von
Langzeitarbeitslosen in Arbeit drastisch kürzen. Für 2011 sind Kürzungen von
1,5 Mrd. Euro, gleich 25 % der bisherigen Bundesmittel, geplant. Für Hessen
bedeutet die geplante Umsetzung eine Mittelkürzung von 87 Mio. Euro für 2011
und für Rheinland-Pfalz von 61 Mio. Euro. Die Sparmaßnahmen und Kürzungspläne
sind bereits über die Kommunen und ARGEn bei den Caritas-Qualifizierungs- und
Beschäftigungsbetrieben angekommen. Bewilligte Plätze für Arbeitsgelegenheiten werden
zum Teil nicht mehr besetzt werden, zugesagte Plätze drastisch reduziert und
Projekte eingestellt werden müssen. Eine Hiobsbotschaft für viele langzeitarbeitslose
Menschen und deren Familien. Betroffen werden auch die festangestellten Mitarbeiter
in den Betrieben sein. „Trotz der konjunkturellen Belebung am Arbeitsmarkt ist
die Eingliederung von Langzeitarbeitslosen kein Selbstläufer. Es braucht gezielte,
aktive Maßnahmen um allen arbeitsuchenden Menschen, insbesondere den Langzeitarbeitslosen,
Zugänge zum Arbeitsmarkt zu eröffnen“, so Diözesancaritasdirektor Thomas
Domnick, „das Sparprogramm der Bundesregierung ist falsch justiert.“
Bei
einer derart hohen Mittelkürzung werden Strukturen zur Heranführung und
Eingliederung von Langzeitarbeitslosen in den Arbeitsmarkt nachhaltig beschädigt
oder zerschlagen. So wird im Caritasverband Gießen der Bereich „Arbeit und
Beschäftigung“ möglicherweise ganz geschlossen werden müssen. Im Caritasverband
Offenbach droht „CariJob“ und „Luise 34“ eine Halbierung des Personals, die
Hausaufgabenhilfe mit Mittagessen wird entfallen, ebenso die
Gesundheitsberatung, usw. Im Projekt Z@ck-Computer des Caritasverbandes Mainz
sollen 63% der Arbeitsgelegenheiten abgebaut werden. Damit droht bei den aktiven
Leistungen ein Abbau von Maßnahmen auf breiter Front. Es wird am „Fördern“ –
ganz im Gegensatz zum „Fordern“ – gespart. „Es darf nicht dabei bleiben, dass mitten
im konjunkturellen Aufschwung die Schwächsten in dieser Gesellschaft die Folgen
der Sparmaßnahmen schultern müssen“, so Domnick.
Die
Qualifizierungs- und Beschäftigungsbetriebe der Caritas sind im IT- und
Recyclingbereich, in Sozialkaufhäusern, in der Qualifizierung in der Altenpflege
und in der Hauswirtschaft aktiv. Sie bieten auch Nischen-Dienstleistungen an wie
den „Stromsparcheck“, Gartenpflege, Mittagessen für Betreuungsschüler und
anderes mehr. „Es wird bei uns im Betrieb vor allem „arbeitsmarktferne“ langzeitarbeitslose
Menschen treffen. Dieser Gruppe wird durch die Mittelkürzungen ihre Chance auf
gesellschaftliche Teilhabe durch Arbeit verwehrt.“, so Markus Hansen von der Initiative
Arbeit im Bistum Mainz e.V. Seine Erfahrung zeigt, dass neben einem aufnahmebereiten
Arbeitsmarkt vor allem aktive Unterstützung, Begleitung und Qualifizierung notwendig
sind.
Hintergrund:
Die
Bundesregierung rechtfertigt die geplanten Kürzungen u. a. mit der Entspannung
auf dem Arbeitsmarkt, die sich in den rückläufigen Arbeitslosenzahlen bemerkbar
mache. Man brauche daher auch weniger Maßnahmen. Tatsache ist: Hauptsächlich
die besser qualifizierten und kürzer von Arbeitslosigkeit betroffenen Personen
profitieren vom Aufschwung. Fakt ist aber auch, dass langzeitarbeitslose
Menschen immer erst später und in viel geringerem Umfang von einer
Arbeitskräftenachfrage erfasst werden. Zwei Drittel der arbeitsuchenden SGB II
– Leistungsbezieher haben keinen Berufsabschluss. Relativ rasche
Vermittlungserfolge sind da - gerade auch angesichts des jahrelangen Abbaus von
Arbeitsplätzen mit einfachen Qualifikationen - kaum zu erwarten. Entwicklung
braucht Zeit und Möglichkeiten, um zum Beispiel einen Berufsabschluss
nachzuholen oder zumindest verwertbare Teilqualifikationen und wichtige
Schlüsselkompetenzen zu erwerben.
Die
pauschale Behauptung, die Eingliederungswirkung der geförderten Beschäftigung
sei gering, ist aufgrund der Erfahrung der Caritas in den Qualifizierungs- und
Beschäftigungsbetrieben falsch. Viele der Teilnehmer in den Beschäftigungs- und
Qualifizierungsmaßnahmen, die als nicht vermittlungsfähig eingeschätzt wurden,
fanden wieder Halt und Mut und mit der entsprechenden Unterstützung wieder
zurück in den Arbeitsmarkt. Menschen, die aufgrund von Vermittlungshemmnissen
nur sehr schwer einzugliedern sind, brauchen verstärkt Unterstützung und dürfen
nicht von der Teilhabe an Arbeit und dem gesellschaftlichem Leben ausgeschlossen
werden. Geförderte Beschäftigung ist sinnvoll und notwendig, um Menschen aufzubauen,
ihnen eine Tagesstruktur und neuen Mut zu vermitteln, sie in die Gesellschaft
einzubeziehen – auch wenn die Reintegration in den allgemeinen Arbeitsmarkt
nicht sofort oder direkt gelingt. Daher braucht es Beschäftigungsmöglichkeiten
mit Qualifizierungsanteilen für die Menschen, die noch sehr weit vom ersten
Arbeitsmarkt entfernt sind, um sie gut auf diesen Arbeitsmarkt vorzubereiten.