Nr. 09/2010,
28. Mai 2010
Innovative Projekte der
Seniorenarbeit ausgezeichnet
Erste Preise gehen an
Projekte in Nauheim und Bensheim
Mainz.
Beim diesjährigen Ketteler-Wettbewerb sind zum ersten Mal zwei erste Preise
verliehen worden. Der mit 3.000 Euro dotierte Hauptpreis ging an
das Projekt „SABA“ des Sachausschusses Berufs- und
Arbeitswelt in Nauheim und an das Mehrgenerationenhaus Bensheim für das Projekt
„Paten für Zukunft“.
Der Mainzer Weihbischof Werner Guballa, der auch Bischofsvikar für die
Caritas ist, übergab die Hauptpreise im Rahmen des „Tags der Caritas“ im
Erbacher Hof in Mainz.
Beim „SABA“-Projekt beraten und begleiten acht Seniorinnen
und Senioren Jugendliche beim Übergang von der Schule ins Berufsleben.
Die Ehrenamtlichen kommen dabei zum Teil aus der
Wirtschaft und dem Unternehmensbereich, der andere Teil sind ehemalige
Lehrerinnen und Lehrer. Die Beratung der Jugendlichen findet in enger Zusammenarbeit
mit den Schulen statt. So führen die Teammitglieder während der
Unterrichtszeiten Bewerbungstrainings durch oder bieten Einzelberatungen an. Getragen
wird das Projekt vo
m Sachausschuss Berufs- und Arbeitswelt der katholischen Pfarrgruppe Nauheim/Rüsselsheim-Königstädten
und der Evangelischen Kirchengemeinde Nauheim.
Beim
Bensheimer Projekt „Paten für Zukunft“ unterstützen Ehrenamtliche, die zum Großteil
aus der Altersgruppe 50 plus stammen, benachteiligte junge Menschen als Lernhelfer.
Mit den Jugendlichen, die sich in den Beschäftigungs- und
Qualifizierungsprojekten des Caritas-Zentrums Franziskushaus auf eine Ausbildung
oder Erwerbsarbeit vorbereiten, bilden sie so genannte 1:1-Tandems. Ein „Pate“
ist dabei für einen Jugendlichen Ansprechpartner und Begleiter. In dem vom Caritasverband
Darmstadt, dem Caritas-Zentrum Franziskushaus/Mehrgenerationenhaus Bensheim und
der Pfarrei St. Georg getragenen Projekt engagieren sich derzeit 20 Paten.
Weihbischof Werner Guballa hob in seiner Laudatio
hervor, dass beide Projekte „das Wissen, die sozialen Kompetenzen und die
Lebenserfahrungen der älteren Generation“ nutzen. Guballa dankte den
ehrenamtlich Engagierten für ihr jahrelanges Engagement: „
Sie haben damit benachteiligten jungen Menschen
geholfen, den Einstieg in einen Beruf zu finden und den Lebensweg neu zu justieren.“
Der mit
2.000 Euro dotierte zweite Preis wurde dem Projekt „Old meets young“ in
Bürstadt zugesprochen, bei dem Schülerinnen und Schüler der
Erich-Kästner-Schule einmal pro Woche eine Stunde ihrer Freizeit mit hochbetagten
Menschen des Alten-Pflegeheims St. Elisabeth gestalten. Das Projekt
„Miteinander leben“ der katholischen Pfarrgemeinde Saulheim und der
Evangelischen Gemeinden in Ober- und Nieder-Saulheim erhielt den mit 1.000 Euro
dotierten dritten Preis. Bei dem Projekt suchen junge Senioren hochbetagte
Menschen zu Hause auf, leisten Gesellschaft und helfen bei täglichen
Erledigungen. Der ebenfalls mit 1.000 Euro dotierte Sonderpreis ging an die
„Seniorenakademie“ in Worms. Bei dem vom Caritasverbands Worms und dem Katholischen
Bildungswerk Rheinhessen getragenen Angebot entwickeln die Seniorinnen und
Senioren das vielfältige Seminarprogramm selbst und sind auch im Leitungsteam
und als Referenten aktiv.
Der
Ketteler- Wettbewerb stand in diesem Jahr unter dem Motto „Unsere Erfahrung
zählt – Innovative Konzepte der Seniorenarbeit“. Ausgezeichnet wurden
Initiativen im Bistum Mainz, die Senioren als „Experten fürs Leben“ in den
Blick nehmen oder die auf ein befruchtendes Miteinander von Jung und Alt
abzielen. Der Ketteler-Wettbewerb, der unter der Schirmherrschaft von
Weihbischof Guballa steht, wird seit 2005 alljährlich von der Wilhelm Emmanuel
von Ketteler-Stiftung in Kooperation mit dem Diözesancaritasverband Mainz
ausgeschrieben. In diesem Jahr wurden 13 Projekte eingereicht. Alle Bewerber erhielten
zur Unterstützung und Anerkennung ihrer Arbeit 100 Euro.
„Unsere Erfahrung zählt!“
Der
„Tag der Caritas“ im Bistum Mainz stand in diesem Jahr unter der
Überschrift
„Unsere Erfahrung zählt!“. Rund
180 Mitarbeiter aus Seelsorge und Caritas nahmen während der Veranstaltung das
Lebensgefühl jung gebliebener Senioren in den Blick. „Die Lebenserfahrung ist
ein Wert, den wir einbringen können und müssen“, machte Generalvikar Dietmar
Giebelman bei seiner Begrüßung deutlich. Gerade die Kirche dürfe den reichen Erfahrungsschatz
der Generation 50 plus nicht links liegen lassen. Wichtig sei auch, nicht negativ
von einer „überalterten Gesellschaft“ zu sprechen, sondern zu fragen, wie sich
Menschen ihre Lebensweisheit an die Jüngeren weitergeben können. Die Pfarrgemeinden
rief Giebelmann dazu auf, bestehende Angebote der Seniorenarbeit weiter zu entwickeln.
„Hurra wir werden älter!“
Von
einem völlig neuen Altersbegriff ging auch Professor Dieter Otten in seinem
Referat aus, das „Hurra, wir werden älter!“ überschrieben war. Gingen frühere
Beschreibungen des dritten Lebensalters noch von einer starken Abnahme der
Leistungsfähigkeit im Rentenalter aus, stünden dem heute die Lebensentwürfe vieler
Angehöriger der Generation 50 plus in einer krassen Weise entgegen.
„Die Senioren der Zukunft sind nicht ‚degeneriert’,
sondern aktiv und lernbereit“, so Otten.
So
wollten laut einer Studie des Osnabrücker Soziologen 30 Prozent der über
65-Jährigen weiter arbeiten, weitere 30 Prozent etwas Berufsähnliches tun.
Dennoch sei bei dieser Gruppe – deutschlandweit rund 11 Millionen Menschen –
das Ehrenamt nicht besonders gut angesehen. Dies hängt laut Otten auch damit
zusammen, dass Interessierte trotz bestehender Anlaufstellen, oft nicht
wüssten, wie sie sich ehrenamtlich einbringen können. Vor diesem Hintergrund seien
andere Zugänge zum Ehrenamt nötig.
Mehr als Kaffee und Kuchen
In dem
Workshop „Den Übergang sinnvoll gestalten – Selbstmanagement in der dritten
Lebensphase“ berichteten Günter Bartels, Diakon im Ruhestand, Wilhelm Schulze, ehemaliger
Caritasdirektor des Caritasverbands Darmstadt und Günther Finck, Manager und
Berufsaussteiger aus Mainz über ihre Ruhestands-Erfahrungen. „Wer Freude an
seinem tun hat, weckt auch Freude bei anderen“, formulierte Wilhelm Schulze eine
Erfahrung, die er als ehrenamtlich Aktiver gemacht habe.
Diakon Günter
Bartels berichtete von seinen Erfahrungen beim Aufbau der Veranstaltungsreihe
„50 plus-aktiv“ in
Heppenheim, Bensheim
und Lorsch. Die einzelnen Gruppen verstünden sich nicht als Verein, sondern als
ein offenes Angebot, zu dem jeder kommen könne. Neben kulturellen und kreativen
Aktivitäten werden auch Glaubensgespräche und Orientierungstage angeboten. „Zu
uns kommen regelmäßig auch Menschen, die mit Pfarrgemeinde nichts zu tun haben“
beschreibt Bartels die Vorteile der Veranstaltungen. Nur Kaffee und Kuchen anzubieten,
reiche bei weitem nicht aus, so Bartels.
Dass es
schwierig sei, gerade junge Senioren für die Pfarreiarbeit zu gewinnen – davon
berichteten viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Workshops. „Wenn die Leute
nicht zu uns kommen, müssen wir eben zu Ihnen gehen“, brachte es Diakon
Wolfgang Habdank (Nieder-Roden) auf den Punkt. Deshalb scheue man sich nicht,
mit anderen Organisationen zu kooperieren.
In fünf
weiteren Workshops hatten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer am „Tag der
Caritas“ zu folgenden Themen ausgetauscht: „Seniorenwohnprojekte: Zusammen ist
man weniger allein!“, „Chancen für lebenslanges Lernen“, „Internet: Senioren
und neue Medien“, „Pflegende Angehörige – Betreuungskompetenz in der Familie
stärken“, „Auf dem Weg von der Schule zum Beruf – Senioren begleiten
Jugendliche.“ Nicht nur die Fülle der im Plenum vorgestellten Ergebnisse machte
dabei deutlich, dass in Zukunft gerade die Erfahrung der jungen Senioren bei
den vielfältigen ehrenamtlichen Diensten in Pfarrgemeinde und Caritas gebraucht
wird. Diözesancaritasdirektor Hans-Jürgen Eberhardt formulierte das in seinem
Schlusswort so: „Der Schatz der Kirche liegt in den Menschen. Wir müssen uns
nur auf Schatzsuche begeben.“
Hinweise:
Weitere Infos zur Wilhelm
Emmanuel von Ketteler-Stiftung im Internet unter:
(ond)