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Integration ist Daueraufgabe Die Situation ausländischer Kinder und Jugendlicher stand im Mittelpunkt der 7. Jugendhilfetagung des Caritasverbandes Offenbach am Mittwoch, 24. Mai, in Rüsselsheim. Der Frankfurter Professor Dr. Stefan Gaitanides hat dabei deutlich gemacht, dass Ausländer die sozialen Hilfen für Kinder und Jugendliche weniger wahrnehmen, als es ihrem Anteil an der Bevölkerung entspricht, während sie bei den Jugendhilfemaßnahmen überproportional vertreten sind. Und die Sozialdezernentin des Kreises Groß-Gerau, Ulrike Cramer, kam zu dem Schluß: "Integration ist eine Daueraufgabe". Anliegen der Tagung war eine Bestandsanalyse mit dem Ziel, bestehende Integrationsbemühungen zu vernetzen und weitere zu schaffen, so der Offenbacher Caritasdirektor Simon Tull in seiner Begrüßung. Die Caritas hatte dazu alle im Bereich der Jugendhilfe tätigen Mitabeiterinnen und Mitarbeiter öffentlicher wie freier Träger aus der Region eingeladen. Eine Bestandsanalyse ist deshalb nicht einfach, weil es nur wenige gesicherte Daten gibt. So sind nach Prof. Gaitanides im Bundesdurchschnitt 11,6 Prozent der Jugendlichen unter 18 Jahren Ausländer. Nur unterdurchschnittliche 6,1 Prozent nehmen zum Beispiel Angebote der Erziehungsberatung wahr, während der Ausländeranteil bei der Erziehungsbeistandschaft überdurchschnittliche 15,8 und bei der "Inobhutnahme wegen Gefährdung" 24,9 Prozent beträgt. Über die Gründe dafür gebe es nur mehr oder weniger gesicherte Mutmaßungen. Unter Anderem spiele dabei die Sprachbarriere eine große Rolle. Gerade intime Vorgänge, wie sie im gesamten Bereich der Beratung zur Sprache kommen, könne man am besten in der eigenen Muttersprache erörtern. Der Landkreis Groß-Gerau hat, so seine Sozialdezernentin Ulrike Caramer, mit über 18 Prozent den höchsten Ausländeranteil aller deutschen Landkreise. (Zum Vergleich: Hessen 12 Prozent, Stadt Frankfurt 22-23 Prozent). Dabei spiele die Nähe zum Frankfurter Flughafen mit seinen vielen ausländischen Beschäftigten eine große Rolle. Dem entsprechend sei die Ausländerdichte im Norden des Kreises viel höher als im Süden, am höchsten mit 31 Prozent in Kelsterbach. Noch einmal höher sei der Anteil der ausländischen Kinder und Jugendlichen unter 16 Jahren in ihrer Altersgruppe, in Kelsterbach zum Beispiel 42,7 Prozent. Nachdem die Situation der Ausländer im Kreis Groß-Gerau von Kommune zu Kommune unterschiedlich ist, konnte Ulrike Kramer keinen allgemeinen Überblick über die Integrationsbemühungen geben, sondern nur Beispiele nennen: An der Gesamtschule Riedstadt im (ausländerärmeren) Süden sind 21 Prozent der Schülerinnen und Schüler Ausländer, darunter 6 Prozent Italiener und 10 Prozent Flüchtlinge - überwiegend aus dem ehemaligen Jugoslawien und Pakistan. Die Schule nutzt die kulturelle Vielfalt in großen Anstrengungen zugleich als Chance, tolerantes Miteinander von Menschen mit unterschiedlichen Traditionen und Gepflogenheiten einzuüben. Weil die Sprache ein wichtiges integrierendes Element ist, hat die Schule Sprachkurse eingerichtet, die dauernd auch für "Seiteneinsteiger" offen sind. Ähnlich ist es an der Gesamtschule in Mörfelden-Walldorf mit einem Ausländeranteil von 35-38 Prozent. Da die Kommune zugleich ein beliebter Wohnort für Flughafenbeschäftigte ist, hat es die Schule mit 6 - 8 Seiteneinsteiger pro Halbjahr zu tun. Im Kollegium wurden verbindliche Regeln verabredet, die dem gegenseitigen Verständnis dienen und die für alle zu gelten haben. Nicht akzeptiert wird da zum Beispiel, wenn auffälliges Verhalten mit kulturellen Wurzeln begründet wird. In Raunheim im Norden bewährt sich eine Hausaufgabenhilfe, die von der Jugendpflege angeboten wird. Auch hier erweist sich die Sprachbarriere als Hauptproblem. Und in der 15.000 Einwohner zählenden Stadt Kelsterbach hat es der Rektor der Gesamtschule bei einem Ausländeranteil von 60 Prozent mit Schülerinnen und Schülern aus 80 verschiedenen Nationalitäten zu tun. "Die Mehrheit der ausländischen Kinder und Jugendlichen ist - genauso wie die der deutschstämmigen - unproblematisch", zieht die Sozialdezernentin ein Resümee ihrer verschiedenen Gespräche. Sie verweist auch auf ehemalige ausländische Schüler aus der Region, die heute sehr erfolgreich als Manager oder als Abgeordnete tätig sind, und kommt zu dem Schluss: "Integration ist eine Daueraufgabe". Unter den gelungenen Integrationsbemühungen, die bei der Tagung zur Sprache kamen, war auch das Fußballprojekt unter Federführung des Ausbildungsverbundes Metall (AVM) in Rüsselsheim, das Gerhard Franke vorstellte. Am 8. Juni findet nun schon zum fünften Mal ein Fußballturnier statt, bei dem Mannschaften ehemals auffälliger Jugendcliquen unter anderem gegen Mannschaften der Polizei und der Jugendgerichtshilfe antreten. Dass Jugendliche dabei jeweils auch "Ordnungshüter" als faire - und besiegbare - Spielpartner erleben, hat sie verwandelt und in Rüsselsheim messbar die Kriminalität sinken lassen. J. Otto Weber |
Pressemitteilung
Jugendhilfetagung des Caritasverbandes Offenbach zur Situation ausländischer Kinder und Jugendlicher: Integration ist Daueraufgabe
Erschienen am:
24.05.2000
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