Presseinformation
„Kein Mensch ist perfekt
- Behinderte Menschen, Menschen wie Du und ich“
Caritaspräsident Dr.
Peter Neher stellt die Kampagne beim Jahresempfang der Hessen-Caritas vor
Thomas Domnick neuer
Vorsitzender der Hessen-Caritas
Wiesbaden 2. März 2011
- Dr. Peter Neher, der Präsident des deutschen
Caritasverbandes, hat die Jahreskampagne „Kein Mensch ist perfekt - Behinderte
Menschen: Menschen wie Du und ich“ gestern beim Jahresempfang der Hessen-Caritas
im Wiesbadener Roncallihaus vorgestellt.
Die Kampagne des Deutschen
Caritasverbandes nimmt die selbstbestimmte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen
in den Mittelpunkt. Für die Umsetzung in die Praxis sei noch viel Normalisierungsarbeit
im positiven Sinne der „Inklusion“ nötig, sagte Neher gestern vor rund 300
Gästen. Eines der Plakate der Caritaskampagne „Kein Mensch ist perfekt“ wirbt
mit einem Mann im Rollstuhl. Darunter steht der Satz: „Ich hasse meine große
Nase“. „Der Betrachter könnte denken, hat der Mensch keine anderen Probleme?
Wenn Irritationen den Betrachter zum Nachdenken anregen, wenn Menschen nicht
nur auf ihre Behinderung reduziert werden, haben wir schon etwas erreicht“, so
der Caritaspräsident.
„Inklusion“ meine die
Teilhabe von Menschen mit Behinderungen von Anfang an. So solle der Ausbau der
frühkindlichen Betreuung - bis 2013 sollen 35% aller Kinder unter drei Jahren
einen Betreuungsplatz finden - auch die bundesweit rund 15.000 Kinder mit
Behinderungen von vorneherein einbeziehen. Ein Sondersystem sei von Anfang an
zu vermeiden, so Neher. Der Caritaspräsident warb darum, die Förderung, Bildung
und Erziehung von Kindern mit Behinderungen in den Kindertagesstätten und
Schulen weiter auszubauen. Die Regeleinrichtungen brauchten neben pragmatischen
Lösungen und Kreativität dafür auch die nötige organisatorische, konzeptionelle
und personelle Unterstützung. Auch ein Rechtsanspruch auf inklusive
Schulbildung in den Schulgesetzen der Länder, sagte Neher, sei hilfreich. Der
deutsche Caritasverband will sich mit den Trägern seiner Förderschulen und den
kirchlichen Regelschulen aktiv an Veränderungen hin zu inklusiven Schulen
beteiligen.
Am Beispiel der Diskussion
um die Präimplantationsdiagnostik (PID) schilderte Caritaspräsident Dr. Peter
Neher auch die Kehrseite des Normalisierungsdrucks in einer nach Perfektion
strebenden Gesellschaft. Ihm sei bewusst, dass Leben mit einer Behinderung auch
voller Leid sein könne. Er befürchte jedoch, bei einer Zulassung der PID, dass
der „gesellschaftliche Erwartungs- und Perfektionsdruck auf werdende Eltern
noch mehr zunehmen wird.“ Deshalb habe er sich als Caritaspräsident gegen die
Zulassung der PID ausgesprochen.
Diözesancaritasdirektor
Thomas Domnick vom Caritasverband für die Diözese Mainz e.V. übernahm am 1. März
2011 für die nächsten beiden Jahre den Vorsitz der Hessen-Caritas. Er löste
Diözesancaritasdirektor Dr. Hejo Manderscheid, Caritasverband für die Diözese
Limburg e.V., ab. Manderscheid hatte in den vergangenen zehn Jahren maßgeblich
die Weiterentwicklung der Hessen-Caritas vorangetrieben. „Dr. Hejo Manderscheid
hat einen großen Verdienst daran, dass aus einem losen Verbund mit unzähligen
und vor allem nebeneinander her arbeitenden Arbeitsgemeinschaften, die heute
klar strukturierte und effektiv arbeitende Hessen-Caritas wurde“, sagte
Domnick. Künftig soll der Vorsitz der Hessen-Caritas zwischen den
Diözesancaritasverbänden Fulda, Mainz und Limburg wechseln.
Bischof Karl Kardinal
Lehmann stellte in seinem Grußwort fest, dass wir uns als Gesellschaft nicht
gerne in Frage stellen. Deshalb sei das Idealbild des leistungsfähigen,
gesunden Menschen ein sehr eingeschränktes Bild von uns Menschen. Lehmann
strich die Bedeutung der christlichen Botschaft für unser Zusammenleben heraus:
„Der biblische Gott sagt Ja zu
jedem
Menschen. Dieser ist auch als Behinderter ein letzter Zweck in sich selbst und
darf nicht nur nach der Übernahme gesellschaftlicher Rollen und einem
dazugehörigen Effektivitätsdenken beurteilt werden.“ Teilhabe am Leben sei kein
Gnadenerweis, sondern ein Ausdruck der biblischen Botschaft, dass einer des Anderen
Last trage.
Ministerpräsident Volker
Bouffier würdigte in seinem Grußwort Dr. Hejo Manderscheid als „sprachmächtigen
Mann, der für seine Ziele einsteht.“ Die Frage, wie Sozialpolitik in einer sich
verändernden Welt und bei einem sich verändernden gesellschaftlichen Wertekanon
gestaltet werde, sei eine Herausforderung auch für die Landespolitik. Vor allem
würdigte der Ministerpräsident die „gelebte Solidarität“, die durch die
Aktivitäten der Caritas in den Kommunen deutlich werde. Sozialminister Stefan
Grüttner betonte den hohen Stellenwert der Behindertenpolitik in Hessen. Bis
November 2011 solle der Integrationsplan des Landes Hessen zur Diskussion vorliegen.
In der Auseinandersetzung um die „richtigen Wege“ sei die Hessen-Caritas ein
wichtiger Partner.
Die Hessen-Caritas ist die
Arbeitsgemeinschaft der drei hessischen Diözesancaritasverbände (Caritasverband
für die Diözese Fulda e.V., Caritasverband für die Diözese Limburg e.V. und
Caritasverband für die Diözese Mainz e.V.).
Die Hessen-Caritas hat eine
Geschäftsstelle in Wiesbaden und verfügt neben dem Vorstand aus acht
Mitgliedern über sechs Caritas-Landesarbeitsgemeinschaften (CLAGs). In rund
1.300 Einrichtungen der Hessen-Caritas unterstützen und helfen insgesamt 32.000
Ehrenamtliche und mehr als 23.000 hauptamtliche Mitarbeiter pro Jahr rund
700.000 Bürgern. Die Hessen-Caritas ist in nahezu allen Feldern der sozialen
Arbeit aktiv. Sie bietet in ihren Diensten und Einrichtungen Hilfe für Kinder
und Jugendliche, für alte und kranke Menschen, für Menschen mit Behinderungen,
für verschuldete Menschen, für Suchtkranke und Wohnungslose. Die Hessen-Caritas
vertritt die sozialpolitischen Interessen der Caritas sowie ihrer Mitglieder
gegenüber dem Land Hessen, den Parteien und Fraktionen, den hessischen
kommunalen Spitzenverbänden, den Sozialleistungsträgern und sonstigen Behörden
auf Landesebene. Die Arbeitsgemeinschaft wirkt auch in der Liga der Freien
Wohlfahrtspflege in Hessen e.V. mit.