Jahresempfang der Hessen-Caritas:
Politik und Kirche im Dialog – Caritas-Präsident
sprach zum Jahresthema
Wiesbaden (cif).
Gut gefüllt
war das Auditorium im Wiesbadener Roncalli-Haus, als am gestrigen Abend der
Fuldaer Diözesan-Caritasdirektor Dr. Markus Juch die Gäste aus Kirche und
Caritas, Politik und Wirtschaft zum Jahresempfang der Hessen-Caritas begrüßte.
Juch lieferte mit seiner Ansprache gewissermaßen gleichzeitig die Antrittsrede als
Vorstandsvorsitzender der Hessen-Caritas ab, denn turnusgemäß übernimmt er
diese Aufgabe ab 1. März für zwei
jahre
von seinem
Mainzer Amtskollegen Thomas
Domnick
. Dementsprechend
widmete Juch einen Teil seiner Worte der Würdigung der „Ära
Domnick
“;
dieser habe als Vorsitzender
wesentliche
Akzente bei den sozialpolitischen Themen gesetzt. Ein besonderes Anliegen sei
ihm das Problem des Fachkräftemangels und dessen Lösung gewesen, zudem habe
Domnick
die Vernetzung mit Caritasverbänden in
Nachbarländern wie Österreich, der Schweiz und den Niederlanden vorangetrieben.
Als Schwerpunktthemen der kommenden zwei Jahr benannte Markus Juch u. a. die
Integration von Langzeitarbeitslosen im Kontext mit dem Phänomen der
Altersarmut den Kampf gegen prekäre Arbeitsverhältnisse: „Am Ende eines
lückenlosen Erwerbslebens muss eine fürs Leben ausreichende Rente heraus
kommen“, betonte er.
Bischof
Algermissen
sprach zum Wert der Caritas-Arbeit
Das kirchliche Grußwort sprach dieses Jahr der Fuldaer Bischof Heinz
Josef
Algermissen
. Er unterstrich, dass die Nachfolge
Jesu im Dienen sichtbar würde – insofern sei die Caritas alles andere als ein
Sozialkonzern, sondern die Caritas-Arbeit ein ureigener Dienst in der Kirche
und der unverfälschte Ausdruck der Gemeinschaft mit Jesus Christus. Bischof
Algermissen
dankte ausdrücklich allen, die diesen
Caritas-Dienst auf sich nehmen würden.
Sozialminister Stefan Grüttner betonte, dass zwischen der Politik und den
Wohlfahrtsverbänden immer wieder ein Ringen um den richtigen Weg in der
Sozialpolitik und in den Maßnahmen für die hilfebedürftigen Menschen
stattfinde. Treffen nur zum gegenseitigen Schulterklopfen seien utopisch,
Kontroversen unvermeidlich, doch sei es gut, dass man sich auch aus Anlässen
jenseits des politischen Alltags wie diesem Jahresempfang
begegnen könne. Das aktuelle Jahresthema „Familie schaffen wir nur
gemeinsam“ zeige, dass Familienpolitik eine Gemeinschaftsaufgabe aller sei, und
man werde seitens der Landesregierung auch dabei sicher auf der Grundlage
sachlicher Informationen mit der Caritas und den anderen Akteuren diskutieren
und zusammenarbeiten.
Neher
nennt konkrete sozialpolitische Forderungen der Caritas
Das Hauptreferat des Abends war Caritas-Präsident Prälat Dr. Peter Neher
vorbehalten. Er stellte – wie bei den vorangegangenen Jahresempfängen auch –
das aktuelle Kampagnenthema der Caritas
ausführlich vor. Er betonte gleich eingangs die politische Dimension des
Themas „Familie schaffen wir nur gemeinsam“ und unterstrich, die Caritas habe
sich für das Bundestagswahljahr viel vorgenommen.
Zunäcsht
stellte er klar, welchen Wert Familie für jeden Einzelnen als prägendes
Instrument des gesellschaftlichen Wertesystems habe: In der Familie „lernt man,
was es heißt solidarisch zu sein, ohne das Wort Solidarität in den Mund zu
nehmen!“ Ziel der Caritas sei es, Eltern in ihrem Erziehungsauftrag so zu
stärken, „dass sie sich ohne Angst davor, perfekt sein zu müssen, ihren
Herausforderungen und Problemen stellen können!“ Neher forderte eine
solidarische familientaugliche Politik in allen Bereichen. Beispielhaft
erläuterte er es an den Begriffen „Zeit“ und Geld“. Nach Ansicht der Caritas
müsse eine Gesetzgebung Eltern- und Pflegezeiten ermöglichen, um Freiraum für
gelingendes Familienleben zu schaffen. In dem Bereich der
„Lebensarbeitszeitkonten“ wäre viel Spielraum und würde noch zu wenig Fantasie
entwickelt, und die derzeitige Verteilung finanzieller Ressourcen an die Eltern
nannte Neher schlichtweg ungerecht, denn sie belohne keineswegs die
Care-Tätigkeit der Familien sondern die elterliche Erwerbstätigkeit vor der
Geburt eines Kindes. Damit würden die
Besserverdiendenden
bevorzugt.
Grundsätzlich wünschte sich der Caritas-Präsident
ein zukünftiges Deutschland, in der Kindergeschrei nicht als Störung sondern
„als befreiende Musik einer kinderfreundlichen Gesellschaft“ begriffen würde.