Lampertheim. – Das St. Marienkrankenhaus in Lampertheim feierte sein hundertjähriges Bestehen. Auf den Tag hundert Jahre nach Eröffnung des Krankenhauses im Jahr 1903 feierte Kardinal Karl Lehmann am 25. Oktober in der voll besetzten Lampertheimer St. Andreaskirche einen festlichen Gottesdienst. Anschließend segnete der Kardinal den Grundstein des im Rohbau stehenden neuen Bettenhauses. Während des Festaktes zum Jubiläum kam die hohe geschichtliche Bedeutung des St. Marienkrankenhauses für Lampertheim und die umliegende Region ebenso zum Ausdruck wie die Erwartung und Zuversicht, dass das Haus die bevorstehenden Veränderungen und Umbrüche auf dem Gesundheitssektor bestehen und sein Profil als hochqualifiziertes kleines Krankenhaus mit persönlicher, von christlichem Geist geprägter Atmosphäre eher noch schärfen wird. Kardinal Lehmann sah in der Verknüpfung von Jubiläumsfeier und Grundsteinlegung eine Brücke zwischen Vergangenheit und Zukunft.
Die Sorge für die kranken Menschen sei tief im christlichen Glauben verwurzelt, sagte der Kardinal in seiner Predigt beim Festgottesdienst. Sie sei Ausdruck der Überzeugung, „dass Jesus uns die Sorge um die Menschen aufgetragen hat – und dazu gehören besonders die Kranken“. Das drücke sich nicht zuletzt in dem Wort „Heiland“ aus. Wie in vielen Gemeinden, sei in Lampertheim ein Gespür dafür wach gewesen, dass ein Krankenhaus zur nahen Versorgung der Kranken gebraucht werde, „auch wenn es anderswo größere Häuser gibt“. Der Kardinal erinnerte daran, dass „Schwestern der Göttlichen Vorsehung“, die seit 1870 in Lampertheim wirkten, mit großer Unterstützung der Gemeinde das St. Marienkrankenhaus bauten, das mit 60 Plätzen vor hundert Jahren eingeweiht worden war. Gesundheit und Krankheit gehöre von Beginn an zum Menschen, so Lehmann. Gerade die Krankheit mache immer wieder bewusst, dass der Mensch auf andere angewiesen sei. In gleichem Maße sei sie ein Grund, Solidarität mit anderen zu üben.
Das St. Marienkrankenhaus wird heute vom Caritas-Werks St. Martin in Mainz getragen. Dessen Geschäftsführer, Bernhard Franzreb, freute sich über die zahlreichen Gäste und appellierte insbesondere an die Politiker unter ihnen, die Sozialsysteme so zu schaffen, dass sie den Menschen dienen. Besonders freute er sich, dass zwei ehemalige Mitarbeiter zur Feier gekommen sind, die das Haus geprägt und Weichen in die Zukunft gestellt haben: Dr. Heinrich Boppert, über 25 Jahre Chefarzt der inneren Medizin, und Walter Gramminger, fast 25 Jahre Verwaltungsleiter.
In einem Kurzvortrag skizzierte der Dr. Jakob W. Franz, Chefarzt der Geriatrie, den medizinischen Fortschritt im St. Marienkrankenhaus. Das Haus umfasst heute 97 Planbetten, davon 62 in der Inneren Medizin und 35 in der Geriatie, die seit zwei Jahren zusätzlich 10 Plätze in der Tagesklinik bietet. In der Inneren Medizin dienen eine Vielzahl unterschiedlicher diagnostischer und therapeutischer Maßnahmen der Linderung und Heilung der Patientinnen und Patienten. Dazu zählen Röntgenuntersuchungen, Ultraschalldiagnostik durch moderne Geräte mit Sofortbefunderstellung, Endoskopie durch modern Videotechnik einschließlich der Kapselendoskopie (funkgesteuerte Videoaufzeichnungen des Dünndarms). In der Geriatrie werden insbesondere ältere Patienten mit Mobilitätsstörungen behandelt, wie sie häufig die Folgen von Schlaganfällen, Amputationen oder großer operativer Eingriffe sind. „Kein Patient soll das Gefühl haben, dass er in unserem Haus schlechter behandelt wird als in einem großen Krankenhaus“, sagte Dr. Franz. Im Gegenteil: „Erstklassige Qualität verbunden mit Menschlichkeit sollen auch weiterhin unser Handeln im St. Marienkrankenhaus bestimmen.“ Auch wenn zu befürchten sei, dass in Zukunft die Medizin noch mehr als bisher von der Wirtschaftlichkeit geprägt werde, soll im St. Marienkrankenhaus der Mensch im Mittelpunkt bleiben. „Der christliche Glaube war Motivation, dieses Haus zu gründen, und er bleibt Motivation, es weiterzuführen“, so Dr. Franz.
Das bekräftigte noch einmal Dr. Martin Wagner, der Chefarzt der Inneren Medizin. „An erster Stelle sind wir ein christliches Krankenhaus, in dem die Nächstenliebe und die Caritas im Vordergrund stehen.“ Der Träger, das Caritas-Werk St. Martin, habe das Krankenhaus erstklassig ausgestattet. „Wir haben die Technik, wir haben die Mitarbeiter – und so sollte es gelingen, das irgend jemand hier die Ansprache zum 150jährigen Bestehen hält“, gab er sich zuversichtlich.
Das St. Marienkrankenhaus war 1903 von „Schwestern der göttlichen Vorsehung“ eröffnet worden. Die Schwestern wirkten bereits seit 1870 in Lampertheim und betreuten seit 1885 in einem kleinen Fachwerkhaus kranke Menschen. Das Krankenhaus von 1903 hatte 60 Betten und war für damalige Verhältnisse auf modernste Weise eingerichtet. Die ärztliche Betreuung hatten Lampertheimer Ärzte übernommen. Als sich die „Schwestern der göttlichen Vorsehung“ 1975 wegen mangelnden Nachwuchses aus dem Krankenhaus zurückziehen mussten, übernahm der Caritasverband für die Diözese Mainz die Trägerschaft. Das St. Marienkrankenhaus spezialisierte sich zur Fachklinik für Innere Medizin und wurde von einen festangestellten Chefarzt geleitet. 1985 wurde eine geriatrische Abteilung angegliedert und ein zweiter Chefarzt gewonnen. 1990 übernahm das Caritas-Werk St. Martin die Trägerschaft des St. Marienkrankenhauses.
J. Otto Weber