Mainz.
Fast alle schwangeren Frauen sind hierzulande mit den Angeboten der Pränataldiagnostik konfrontiert. Diese eröffnen therapeutische Möglichkeiten für das ungeborene Kind, können aber auch mit Verunsicherung und Ängsten einhergehen und schwangere Frauen und ihre Partner vor konfliktreiche Entscheidungen stellen. Um diese Spannung zwischen medizinisch-technischen Möglichkeiten und sozialen und ethischen Dilemmata, vor allem aber um die Chancen der psychosozialen Beratung ging es am Dienstag beim Fachtag "Hauptsache gesund - Diagnostik ohne Grenzen?" mit rund 70 Teilnehmern im Caritasverband für die Diözese Mainz (DiCV).
"Pränatale Diagnostik ist zweischneidig. Bei allen therapeutischen Chancen kann sie auch Verunsicherung hervorrufen, die belastet", sagte DiCV-Fachbereichsleiterin Nicola Adick auf dem vom Diözesancaritasverband, dem Sozialdienst katholischer Frauen e.V. in Mainz und der Klinikseelsorge der Universitätsmedizin Mainz organisierten Fachtag. "Unterstützung und Entlastung finden schwangere Frauen und ihre Partner in der vertiefenden psychosozialen Beratung durch Schwangerschaftsberaterinnen."
Laut Gesetz haben Frauen ein Recht auf eine solche umfassende Beratung. Vorgesehen ist, dass der Arzt nach der medizinischen Aufklärung und Beratung gegebenenfalls an entsprechende Beratungsstellen verweist. Die psychosoziale Beratung hilft zum Beispiel, frühzeitig eine eigene Haltung zur vorgeburtlichen Diagnostik zu entwickeln. Sie begleitet aber auch in Konfliktsituationen und bei Entscheidungsprozessen im Falle eines belastenden Befunds. Sie bietet begleitende Trauerarbeit bei Verlust eines Kindes beziehungsweise nach einem Schwangerschaftsabbruch an und hilft bei der Vorbereitung auf die Bewältigung des Alltags mit einem Kind mit Behinderung.
"Die psychosoziale Beratung will die schwangere Frau und ihren Partner bei einer verantwortlichen Entscheidungsfindung unterstützen und ihnen helfen, Konflikten im Rahmen der Pränataldiagnostik angemessen zu begegnen", sagte die beim Diözesancaritasverband zuständige Referentin Veronika Heck-Klassen.
Ein Ziel des Fachtags ist es, gemeinsam mit Teilnehmern aus der Schwangerschaftsberatung, der Medizin und der Klinikseelsorge sowie mit Hebammen zu überlegen, wie die Zugänge in die psychosoziale Beratung verbessert werden können. "Hier wäre ein enges Netzwerk der verschiedenen beteiligten Professionen hilfreich", sagte Adele Kammerschmitt vom Sozialdienst katholischer Frauen in Mainz. Wünschenswert sei etwa eine enge Zusammenarbeit zwischen Schwangerenberatungsstellen und Medizinern, die vorgeburtliche Diagnostik anbieten beziehungsweise Hebammen, die schwangere Frauen betreuen.
Eine solche enge Zusammenarbeit gibt es seit mehr als sechs Jahren in Mainz zwischen der Frauenklinik der Universitätsmedizin und dem Sozialdienst katholischer Frauen. Schwangeren wird bei einer Verdachtsdiagnose oder bei pathologischem Befund ganz konkret ein Gespräch mit der dafür zuständigen und speziell ausgebildeten Schwangerschaftsberaterin angeboten. Dieses niedrigschwellige Angebot ermöglicht rund 30 bis 50 Beratungen pro Jahr.
In der Diözese Mainz gibt es insgesamt 16 Beratungsstellen, die psychosoziale Beratung - auch im Zusammenhang mit pränataler Diagnostik - anbieten. Ein Teil der dort tätigen Beraterinnen verfügt über eine spezielle Qualifikation für die Beratung im Zusammenhang mit Pränataldiagnostik. (jik)