Worms. – Zum Ende einer Kundgebung protestierender Schwestern und Pfleger vor dem Wormser Rathaus hatte vor Wochen der Wormser Caritasdirektor Georg Diederich im Namen der Wohlfahrtsverbände und freier Anbieter von Pflegeleistungen die Politiker dazu eingeladen, Schwestern und Pfleger auf ihrer Pflegetour zu begleiten. Vier Politikerinnen und Politiker haben das Angebot angenommen und berichteten jetzt über ihre Erfahrungen. Ihr Urteil war einhellig: die Pflege ist ein interessanter, abwechslungsreicher und schwieriger Beruf, der freilich unter Bedingungen geleistet werden muss, die dringend verbesserungsbedürftig sind.
„Pflege ist ein schwieriges Thema. Dem entsprechend haben sich Politiker auch nur schwer eingebracht“, begrüßte Caritasdirektor Georg Diederich als Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtsverbände in Worms zur Pressekonferenz im Haus des Deutschen Roten Kreuzes. Immerhin: Bundestagsabgeordneter Klaus Hagemann (SPD), Bundestagskandidatin Ursula Knüpper-Heger (CDU), der Wormser Bürgermeister und Sozialdezernent Georg Büttler (SPD) und die Wormser Stadträtin Christine Löcher (CDU) haben es getan. Alle vier brachten ihre größte Hochachtung vor dem zum Ausdruck, was die Schwestern und Pfleger leisten. Und sie waren sich auch einig, dass die Bedingungen, unter denen Pflege geschieht, dringend verbessert werden müssen. Schwachpunkte insbesondere: Schwestern und Pfleger stehen unter ungeheuerem Zeitdruck, der ihnen kaum Zeit für eine persönliche Zuwendung zu ihren Patientinnen und Patienten lässt. Ein angemessenes Eingehen auf demenzkranke (altersverwirrte) Patienten ist, da dafür keine Vergütung vorgesehen ist, so gut wie unmöglich. Und schließlich sind die Schwestern und Pfleger durch gesetzliche Vorgaben und Auflagen der Krankenkassen zu einem übertriebenen Bürokratismus verpflichtet, indem zum Beispiel jeder Handgriff einzeln auch dann dokumentiert werden muss, wenn er sich täglich wiederholt oder Medikamente und Pflegehilfsmittel auch dann immer wieder neu genehmigt werden müssen, wenn sie durch die Art der Erkrankung auf lange Zeit angewandt werden müssen.
Am einfachsten könne der übertriebene Bürokratismus zurückgefahren werden, waren sich die Politiker einig. Dass dagegen eine vernünftige Dokumentation, die den Krankheitsverlauf und Gesundungsprozess festhalte, auch im Sinne der Wohlfahrtsverbände ist, betonte Kristin Darleiden vom Deutschen Roten Kreuz. Schwerer taten sich die Politikerinnen und Politiker mit Vorschlägen, wie das Problem zu knapper Pflegezeiten zu lösen ist. Bürgermeister Büttler regte mehr bürgerschaftliches Engagement an, das die professionellen Pflegekräfte unterstützen könne. Klaus Hagemann MdB versprach sich Hoffnungen aus dem Altenpflegeausbildungsgesetz, das die Bundesregierung beschlossen habe, das aber aus formalen Gründen von Bayern blockiert werde. Und er verwies darauf, dass die Bundesregierung zur Hilfe für die bundesweit etwa 1,2 Millionen Demenzkranke 500 Millionen € bereit gestellt habe. Eine Verbesserung des Personalschlüssels, der es den Trägern der Pflege erlaubt, mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einzustellen, wollte aus Kostengründen von den Politikern niemand fordern.
Ursula Knüpper-Heger hat die Spätschicht einer Sozialstation bei ihrer Arbeit begleitet, Bürgermeister Büttler hat wie Christine Löcher einen halben Tag in einem Altenheim mitgeholfen und Klaus Hagemann MdB, der zu verstehen gab, das er schon mehrfach Pflegeeinrichtungen besucht hat, hat sich in einer Tagesklinik umgesehen und eine halbe Nachtschicht des Arbeiter Samariterbundes begleitet.
J. Otto Weber