Nach 38-jähriger Tätigkeit verlässt Frau
Maria Osswald den Caritasverband Mainz e. V.
Mainz, 27. April 2000:
"Ich war sehr gerne beim Caritasverband", informiert Frau Maria Osswald nach 38-jähriger sozialarbeiterischer Tätigkeit in der Allgemeinen Lebensberatung Mainz. Von ihr wurde das Jahr 2000 als letztes Arbeitsjahr ausgewählt. Doch wer Frau Maria Osswald kennt, weiß, dass sie aus der Arbeit nicht ganz aussteigen kann. "Mit einigen Stunden bleibe ich ehrenamtlich dem Adoptionsdienst erhalten. Es laufen aktuell drei Adoptionen, ich kann die Kinder und Familien nicht im Stich lassen", erläutert sie.
Ihr Examen zur Sozialarbeiterin liegt bereits 40 Jahre zurück. Angefangen hat die gebürtige Schwarzwälderin ihre berufliche Tätigkeit in Hagen beim "Sozialdienst katholischer Frauen". Sowohl der Außendienst wie das angeschlossenen Familienersatzheim prägten ihr Arbeitsfeld. 1962 wechselte sie zum Caritasverband nach Mainz, ".. weil meine Eltern wollten, dass ich näher nach Hause komme. Es gab damals eine große Auswahl an Möglichkeiten und Stellen. Eigentlich wollte ich beim Caritasverband nur zwei Jahre bleiben." Die Stadt Mainz ist in ihr Herz gewachsen, wie auch der Blick aus dem Bürofenster zum Dom. Mainz entwickelte sich zur neuen Heimat für Frau Maria Osswald, der Caritasverband zum Wirkungsfeld.
Als Fürsorgerin startete sie 1962 ihren beruflichen Weg beim Caritasverband. Sie war für den Landkreis Mainz-Bingen zuständig. Sprechstunden und Außensprechstunden in Alzey und Oppenheim mit persönlicher Beratung und Hausbesuche gehörten zum ständigen Arbeitseinsatz. "Rheinhessen kenne ich sehr gut", aber was sie noch besser kennt, sind die Nöte und Probleme der Ratsuchenden. "Damals waren die Menschen bescheidener, fern dem heutigen Anspruchsdenken. Sie kamen mit wirtschaftlichen Fragen, mit persönlichen Nöten aber auch mit familiären Schwierigkeiten zum Caritasverband." Herzlichkeit, das Verstehen und Annehmen sind Stärken ihres beruflichen Handelns: "Eine Frau kommt heute noch nach 38 Jahren mit ihren großen und kleinen Anliegen zu mir." Die Mündelbetreuung in Zusammenarbeit mit der Kreisverwaltung gehörte ebenfalls zu ihrer Tätigkeit: "In Spitzenzeiten hatte ich 80 Mündel zu betreuen. Der Kontakt zu den Behörden war einmalig, das persönliche Miteinander gibt es aber nicht mehr. Heute sind die Wege zu den Ämtern zeitaufwendiger, nur rechtliche Argumente sind maßgebend. Früher wurden keine Stunden gezählt, man war mehr ein Einzelkämpfer."
In ihren Wirkungsbereich fällt die Gründung des Caritasverbandes Mainz e. V. Mit sieben Mitarbeiter/-innen startete der Verband, heute zählt er ca. 450. Ihre überzeugende und engagierte Tätigkeit qualifizierte sie zur Stellvertretenden Geschäftsführerin sowohl in der Zeit von Herrn Caritasdirektor Heribert Brinkmann wie später Herrn Direktor Martin Eisenbach. Doch entschied sie sich 1991 gegen die Position, "weil der Basiskontakt mir sehr wichtig ist."
Unzählige Berufspraktikanten konfrontierten Sie immer wieder mit neuen Erkenntnissen und forderten Auseinandersetzung und kritische Reflexion der sozialen Arbeit. Die Nähe und Distanz-Problematik der siebziger Jahre fasst sie zusammen: "Um nicht belastend zu werden, vermeidet man Nähe." Sie betont die Notwendigkeit der Balance von Nähe und Distanz, um Professionalität und Menschlichkeit in der Sozialarbeit zu gewährleisten. Ihre Fortbildungen besonders in Gestaltberatung und Familientherapeutischer Beratung qualifizierten sie für die aktuellen Anforderungen.
Bereits 1965 vermittelte sie ihre erste Adoption und entwickelte in den folgenden Jahren diesen Bereich zum Arbeitsschwerpunkt ihrer Dienststelle weiter. Mit dem neuen Adoptionsvermittlungsgesetz 1977 wurde der Caritasverband Mainz, dank ihrer guten Arbeit, offiziell als Adoptionsstelle anerkannt. Mit halber Stelle arbeitete Frau Maria Osswald dann neben ihrer Beratungsarbeit im Adoptionsdienst. Information und Beratung von Adoptionswilligen Paaren über Bewerbergespräch bis hin zu Seminaren und thematischen Abenden zu verschiedenen Themen sind Schwerpunkte ihrer Tätigkeit. "86 Kinder konnten von mir vermittelt werden. Sehr viele Paare - auch von anderen Vermittlungstellen - habe ich begleitet. Frau Maria Osswald kennt die Fragen der Adoptivkinder und steht ihnen zur Seite, wenn sie auf die Suche nach ihren Wurzeln gehen.
Für die Zukunft wünscht sie dem Caritasverband, dass er weiterhin die Allgemeine Lebensberatung als Anlaufstelle für Menschen in Not und Entscheidungsprozesse erhält. "Auch müssen die Adoptionsdienste von der Kirche/Caritas weitergehen."
Sechs Patenkinder, viele Nichten und Neffen warten auf ihre Tante, die mehr Zeit für sie hat. Reisen zu ehemaligen Praktikanten nach Peru, Venezuela und Afrika locken in der neuen Lebenswirklichkeit. "Zuerst mal schauen, was auf mich wartet, dann neu planen."
Der Caritasverband Mainz e. V. dankt im Namen aller Mitarbeiter/-innen und Klienten Frau Maria Osswald für ihren engagierten Dienst am Menschen. Eine engagierte Frau, die sich der Caritasarbeit mit ganzer Kraft zur Verfügung stellt verlässt den Verband mit einem Dankeschönfest und feierlichem Gottesdienst im Dom.
Anne Stein
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