„Etwa
2 Prozent der Bevölkerung zeigt Borderline-Symptome. Bezogen auf die Stadt
Darmstadt bedeutet dies, dass etwa 3.000 Menschen von dieser schweren Art der
psychischen Erkrankung betroffen sind“. Das sagte der Darmstädter
Caritasdirektor Franz-Josef Kiefer zur Eröffnung einer vom Gemeindepsychiatrischen
Zentrum des Caritasverbandes Darmstadt veranstalteten Ausstellung „Tagebuch
borderline –borderland“ im Gemeindezentrum St. Elisabeth in Darmstadt. Gezeigt
wurden Arbeiten von Martina Schwarz aus Aachen, in der sie die eigenen Erfahrungen
künstlerisch verarbeitet hat. Martina Schwarz schreibt dazu: „Borderline nennen
Mediziner eine Persönlichkeitsstörung, unter der immer mehr Menschen in unserer
Gesellschaft leiden, die aber nur wenigen bekannt ist. Oft ist emotionaler und
sexuelle Missbrauch in der Kindheit die Ursache dieser psychischen Störung. Die
Betroffenen erfahren häufig Ablehnung - auch von professioneller Seite“. -
Nicht so bei der Caritas, die diese Ausstellung auf Initiative von Helga
Nonn-Drechsel vom Gemeindepsychiatrischen Zentrum (GPZ) der Caritas nach
Darmstadt geholt hat. Die Caritas nehme dies zum Anlass, breit über die
Krankheit zu informieren, so Norbert Schüssele, der Leiter des Darmstädter GPZ.
Sie wolle bei den Menschen Verständnis für die Krankheit wecken und Betroffenen
Mut machen, sich professionelle Hilfe zu holen. Bei einem Informationsabend gab
der Diplom-Psychologe und Psychologische Psychotherapeut Hans Gunia einen
ersten Einblick in die Krankheit, in deren Verlauf sich viele selbst verletzen
und die für etwa sieben Prozent der Betroffenen mit einem Suizid endet.
Borderline
ist eine Persönlichkeitsstörung, unter der immer mehr und vor allem junge Menschen
leiden, weil sie ihren Gefühlen vollkommen ausgesetzt sind und oft nur brachiale
Mittel wie Selbstverletzungen helfen, innere Ruhe und Ausgeglichenheit herzustellen.
Um die sechzig Prozent der Betroffenen haben sexuelle und/oder körperliche
Gewalterfahrungen gemacht, so Gunia. Es gebe nicht einen eindeutig festgelegten
Verlauf der Erkrankung, vielmehr viele unterschiedliche Ausprägungen. Fünf von
insgesamt neun Symptomen müssten erfüllt sein, wenn man die Krankheit
diagnostizieren wolle. Dazu gehöre zum Beispiel ein verzweifeltes Bemühen,
Alleinsein und Verlassen-Werden zu vermeiden und zu verhindern. Weiter
Kriterien seien eine ausgeprägte und andauernde Instabilität des Selbstbildes
und der Selbstwahrnehmung, wiederholte Suizidversuche oder
Selbstverletzungsverhalten sowie unangemessene heftige Wut, die nicht mehr
kontrolliert werden kann. Gunia hatte ausgerechnet, dass es 256 verschiedene
Kombinationen gebe, in der sich die Erkrankung zeige. Borderline-Patienten
gelten als sehr schwierig, als launisch und empfindlich – und sie brechen
häufig die Behandlung ab, so Gunias Erfahrung. Erfolgversprechend sei eine
Therapie unter Einbeziehung von Zen-Elementen.
In
Darmstadt gibt es seit rund zehn Jahren ein breites Netzwerk der Zusammenarbeit
von frei praktizierenden und in Kliniken tätigen Therapeutinnen und
Therapeuten, zu denen auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
Gemeindepsychiatrischer Zentren der Caritas zählen. Sie versuchen, die Hilfen
für die betroffenen Menschen zu verbessern und erfolgreicher zu gestalten. In
gleichem Maße, wie die Gesellschaft in ambulante Hilfen investiere, werde Geld
für Klinikaufenthalte eingespart, stellte Gunia einen Zusammenhang her. Vor
allem verwies er aber auf die erhöhte Lebensqualität für die Betroffenen.
Sie
habe eine ambulante Therapie gemacht, outete sich zum Ende der Veranstaltung
eine Betroffene. Es habe ihr selbst viel gebracht - und sie habe seitdem keinen
Klinikaufenthalt mehr gebraucht, sagte sie.
Als
guten Kontrast zu der Ernsthaftigkeit des Themas empfanden die rund hundert
Besucher des Informationsabends die musikalische Umrahmung durch die Jazz-Combo
der Edith-Stein-Schule mit ihren schmissigen Melodien.
J. Otto Weber
Kontakt:
Gemeindepsychiatrisches
Zentrum des Caritasverbandes Darmstadt,
Sturzstraße 9,
64285 Darmstadt.
Fon:
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