Mainz. - Beim ersten Sozialpolitischen Abend der
LIGA der Freien Wohlfahrtspflege in Rheinland-Pfalz ist Domkapitular
Hans-Jürgen Eberhardt als neuer LIGA-Vorsitzender vorgestellt worden.
Eberhardt, der im Bistum Mainz als Diözesancaritasdirektor und Dezernent für
Caritas und Soziale Arbeit tätig ist, hatte turnusmäßig zum 1. Januar für zwei
Jahre die Federführung der LIGA übernommen. Er löste Professor Franz Segbers
vom Diakonischen Werk Hessen-Nassau ab. An dem Treffen am Mittwoch, 7. Februar,
im Erbacher Hof in Mainz nahm unter anderen auch die rheinland-pfälzische
Gesundheits- und Sozialministerin Malu Dreyer teil. Die LIGA der Freien
Wohlfahrtspflege in Rheinland-Pfalz ist eine Arbeitsgemeinschaft der zwölf
rheinland-pfälzischen Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege.
Als Hauptaufgabe der LIGA für die kommenden Jahre
bezeichnete Domkapitular Eberhardt die Organisation von Solidarität in der
Gesellschaft. „Wir müssen die Fundamente des Sozialstaats durch die Förderung
der bürgerlichen Solidarität und des Eintretens der Starken für die Schwachen
stärken.“ Er zeigte sich zuversichtlich, dass die Verbände der LIGA mit Blick
auf das Wohl der Menschen als gemeinsamem Ziel mit dem Land und den
Kostenträgern menschenwürdige und bedarfsgerechte Hilfen in Rheinland-Pfalz
entwickeln werden. Als konkrete Arbeitsfelder der nächsten Jahre nannte er
unter anderen die Behindertenhilfe, die Sicherung und Weiterentwicklung der
Qualität in der Pflege und das Engagement gegen Kinder- und Familienarmut.
Eberhardt bekräftigte die gute Zusammenarbeit mit der Landesregierung und
dankte seinem Vorgänger für dessen großes Engagement.
Dreyer: „Wichtige Partner der Landesregierung“
Die rheinland-pfälzische Gesundheits- und
Sozialministerin Malu Dreyer nannte die Verbände der Freien Wohlfahrtspflege
„wichtige Partner der Landesregierung“. Sie verwies darauf, dass LIGA und
Landesregierung in vielen Fragen übereinstimmende Positionen vertreten.
Wörtlich sagte sie: „Unser aller Auftrag ist es, deutlich zu machen, dass
Solidarität ein Wert ist, den wir in der Gesellschaft brauchen und wollen.“
Dreyer betonte, dass die Verbände mit rund 100.000 Beschäftigten in
Rheinland-Pfalz auch einen bedeutenden Wirtschaftsfaktor darstellen. Die
Zukunft der Freien Wohlfahrtspflege sei längst nicht so düster wie oft
prognostiziert, da der Bedarf an sozialen Leistungen beständig wachse. „Die
Freie Wohlfahrtspflege ist ein konstitutives Element des Sozialstaats in
Deutschland und wird es auch bleiben.“ Sie verwies darauf, dass der Ausgleich
zwischen den unterschiedlichen Interessen der Verbände „eine Daueraufgabe“ der
LIGA bleiben werde.
Nachfolger von Franz Segbers vom Diakonischen Werk
Der bisherige
LIGA-Vorsitzende, Professor Franz Segbers sagte in seiner Begrüßung: „Der
tragende Boden des Sozialstaates ist die Wertschätzung der Solidarität. Es wird
deshalb zu einer eminent wichtigen Aufgabe der LIGA, dafür zu sorgen, dass
dieser tragende Boden für unsere Arbeit nicht schwindet.“ Und weiter: „Die
Menschen brauchen einen Sozialstaat, der ihnen Boden unter den Füßen gibt,
unter den sie nicht fallen können, und ein schützendes Dach.“
In der im November 2005 mit der Landesregierung
unterzeichneten Sozialcharta habe sich die LIGA mit der Landesregierung eines
„gemeinsamen ethischen Bodens versichert, der unsere Arbeit tragen soll“, sagte
Segbers.
„Strategische Dilemmata“ der Freien Wohlfahrtspflege
Professor Stefan Sell von der Fachhochschule
Rhein-Ahr-Campus in Remagen sprach im Rahmen des Sozialpolitischen Abends zum
Thema: „Der Umbau des Sozialstaates und die Freie Wohlfahrtspflege: Treiber
oder Getriebene?“. Er konstatierte drei „Strategische Dilemmata“ für die Freie
Wohlfahrtspflege. Zum einen sei ein „machtpolitischer Bedeutungsverlust“ für
die Verbände der Freien Wohlfahrtspflege festzustellen, da die Möglichkeiten,
auf Entscheidungen Einfluss zu nehmen, schwinden würden. Das zweite Dilemma
liege in einer „medialen Unterbelichtung“, da die Verbände wesentlich seltener
in den Medien zu Wort kämen als andere Institutionen. Es sei „ein strategischer
Fehler“ der Wohlfahrtsverbände, „dass sie es nicht geschafft haben, ihre
Bedeutung auf Bundesebene zu personalisieren und so bekannter zu machen“. Das
dritte und schwerwiegendste Dilemma macht Sell in den zunehmenden Spannungen
zwischen der Unternehmens- und Anwaltsfunktion der Wohlfahrtsverbände aus.
Tobias Blum
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