Am 3. Juli 2007 werden 90 Jahre vergangen sein, seit
Domkapitular Dr. Karl Bendix im Jahr 1917 im Frankfurter Hof in Mainz den
Caritasverband für die Diözese Mainz gegründet hat. 2007 sind es aber auch 130
Jahre her, seit am 13. Juli der große Mainzer Sozialbischof von 1850 bis 1877,
Wilhelm Emmanuel Freiherr von Ketteler, gestorben ist. Beider Ereignisse
gedenkt der Caritasverband für die Diözese Mainz unter anderem mit zwei
Großveranstaltungen: der (Fahrrad-) Tour de Caritas vom 9. bis 18. Juli mit dem
Vorstand des Verbandes und einem Symposium mit Kardinal Karl Lehmann am 15.
September, zu dem auch der Präsident des Deutschen Caritasverbandes, Dr. Peter
Neher, seine Mitwirkung zugesagt hat.
Das Gründungsdatum des Diözesancaritasverbandes markiert nicht den
Beginn gelebter Caritas in der Diözese Mainz. Die ist so alt wie die Kirche und
hat ihren Ursprung in der Botschaft und dem Auftrag Jesu. Das Datum markiert
aber den Beginn einer neuen Zusammenarbeit längst bestehender caritativer
Vereinigungen und Bewegungen, die bis dato mehr unverbunden nebeneinander
gearbeitet hatten, und den Beginn systematischer Planung und Entwicklung
fachlicher Caritashilfe bis zur Höhe der heutigen Qualität.
Tour de
Caritas: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur Mitfahrt eingeladen
Vom 9. bis 18. Juli wollen Verantwortliche des Caritasverbandes in der
Diözese Mainz, unter ihnen der Vorstand des Verbandes, buchstäblich Caritas
erfahren, indem sie eine Fahrradtour durch die Regionen der Diözese unternehmen
und dabei die verschiedenen Dienste und Einrichtungen vor Ort besuchen. Zum —
auch etappenweise — Mitradeln eingeladen sind dabei alle ehren– und
hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Caritas und alle, die mehr
über die Caritas erfahren möchten.
Symposium mit Kardinal Lehmann
Am 15. September wird in Mainz ein Symposium mit
Kardinal Karl Lehmann stattfinden, in dem bestimmte Aspekte der Caritas
wissenschaftlich betrachtet werden. Dazu hat der Präsident des Deutschen
Caritasverbandes, Dr. Peter Neher, seine Mitwirkung fest zugesagt. Tour de
Caritas wie das Symposium sollen von Publikationen begleitet werden, unter
ihnen ein von Kardinal Lehmann herausgegebenes Buch zur Caritas.
Wilhelm
Emmanuel von Ketteler – größter Bischof des Bistums Mainz
Am 13. Juli vor 130 Jahren starb im Alter von 66 Jahren Wilhelm
Emmanuel Freiherr von Ketteler. Er stammte aus Münster in Westfalen und war als
sozial engagierter Bischof von Mainz von 1850 bis zu seinem Tod 1877 zugleich
ein herausragender Mann der Caritas – längst vor Gründung des Mainzer
Diözesancaritasverbandes.
Entschiedener
Anwalt der Arbeiter
Wegen seines entschlossenen Eintretens für die
Rechte der Arbeiterschaft war Ketteler insbesondere in bürgerlichen Kreisen als
„roter Bischof“ verschrieen und auch innerkirchlich nicht unumstritten. In
seiner berühmten Rede auf der Liebfrauenheide bei Offenbach forderte er zum
Beispiel 1869 vor etwa10.000 Arbeitern: Erhöhung des Arbeitslohns, Verkürzung
der Arbeitszeit, Gewährleistung der Sonntagsruhe, Verbot der Kinderarbeit in
Fabriken und Abschaffung der Fabrikarbeit von Müttern und jungen Mädchen.
Engagiertes
Eintreten für benachteiligte Kinder und Jugendliche
Auch hat sich Bischof Ketteler nicht damit abfinden wollen, dass
Waisenkinder, für die damals die Kommunen zuständig waren, an denjenigen
Kostgeber versteigert wurden, der das geringste Kostgeld für sie haben wollte.
Das waren in der Regel Leute, die die Kinder hart rannahmen auf ihrem Bauernhof
oder in ihrem Betrieb. Unter anderem hat Bischof Ketteler als Antwort darauf in
Klein-Zimmern bei Dieburg das St. Josephshaus als „Knabenrettungsanstalt“
gegründet. Es besteht heute noch in Trägerschaft des Bistums Mainz als
hochqualifiziertes Kinder- und Jugendhilfezentrum und ist korporatives Mitglied
der Caritas. In Neustadt/Odenwald hat Bischof Ketteler ein Waisenhaus für
Mädchen gegründet.
Gründer
der Schwestern von der Göttlichen Vorsehung
Wilhelm Emmanuel von Ketteler hat aber auch Menschen gesucht, die sich
gezielt notleidender Menschen annahmen. So gehen etwa die Schwestern von der
Göttlichen Vorsehung auf Bischof Ketteler zurück, die heute noch zum Beispiel
Träger des Marienkrankenhauses in Darmstadt sind. Im mondänen, bei Fürsten,
Adligen und Reichen beliebten Bad Nauheim hat Ketteler ein Sanatorim für Kumpel
aus seiner Münsteraner Heimat gegründet, deren Lungen durch die ungesunde
Untertagearbeit in der Kohleförderung kaputt waren. Ketteler ist aber auch
Gründer der Marienschule in Mainz, des heutigen Bischöflichen
Willigis-Gymnasiums und der Bischöflichen Willigis Realschule.
Mitglied
der Nationalversammlung von 1848
Kardinal Lehmann bezeichnete im Jahre 2000 zum Beispiel bei der
Gründung der Wilhelm Emmanuel von Ketteler-Stiftung, der caritativen
Gemeinschaftsstiftung für das Bistum Mainz, Bischof Ketteler als den größten
Bischof in der knapp 200jährigen Geschichte des Bistums Mainz. Lehmann
erinnerte daran, dass Ketteler Abgeordneter der Nationalversammlung von 1848
war. Dabei, durch Redebeiträge beim ersten Katholikentag in Mainz 1848 und
durch seine Adventspredigen im Mainzer Dom im gleichen Jahr sei Ketteler als
entschiedener Anwalt der Armen in Erscheinung getreten. Später hat sich Bischof
Ketteler vom Anwalt und Fürsprecher der Armen zum Sozialpolitiker weiterentwickelt,
der eine Reihe neuer Sozialgesetze insbesondere zum Schutze und zur Stärkung
der Rechte der Arbeiterschaft eingeleitet hat.
Die
Stationen der Tour de Caritas
9. Juli: Über Rüsselsheim nach Offenbach
Die Tour de Caritas startet am 9. Juli, einem
Montag, in Mainz und führt über Rüsselsheim, wo ein Besuch des neuen
Caritaszentrums vorgesehen ist, nach Offenbach: Vermutlich wird die Mainzer Delegation
in Ginsheim von einer Rüsselsheimer Gruppe in Empfang genommen und bei der
Weiterfahrt bis zur Stadtgrenze Kelsterbach begleitet. In Offenbach ist nach
einem Besuch des neuen Sozialkaufhauses Luise 34 Hauptziel das Kinder- und
Jugendhilfezentrum „Theresien-Kinderheim“, das als korporatives Mitglied zur
Caritas gehört. Informationsschwerpunkt des Abends ist das Jahresthema 2007 der
Caritas in Deutschland „Mach dich stark für starke Kinder“.
10. Juli: Über Dreieich nach Darmstadt
Nach einem Morgenimpuls wird die Fahrradtour am Dienstag, 10. Juli,
fortgesetzt und führt über Dreieich, wo ein Besuch der regen Zusammenarbeit
haupt- und ehrenamtlicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gilt, nach
Darmstadt. In Darmstadt wird zunächst der Tagesstätte für Psychisch Kranke in
der Stutzstraße ein Besuch abgestattet. Dabei wird es auch eine Begegnung mit
Betroffenen geben. Anschließend ist ein Besuch dern der Tagesklinik für Suchtkranke
vorgesehen. Dabei wird auch über die verschiedenen Möglichkeiten der
Suchtkrankenhilfe informiert werden.
11. Juli: Schwerpunkt Bensheim
Bensheim ist das Hauptziel des dritten Tages der Tour de Caritas.
Ausführlich informieren wird man sich über das Qualifizierungsprojekt für
Jugendliche, für die im Gastronomiebereich bis zu vierzig Ausbildungsplätze im
Franziskushaus und in der Villa Medici erschlossen wurden. Im neu renovierten
Franziskushaus in der Bensheimer Innenstadt ist ein Treffpunkt für Schülerinnen
der nahe gelegenen Liebfrauenschule und darüber hinaus für Schülerinnen und
Schüler der Stadt als Übungsrestaurant entstanden, das auch der Allgemeinheit
öffentlich zugänglich ist. Weiterhin wurde in dem Haus Betreutes Wohnen für
psychisch kranke Menschen eingerichtet, die teils ebenfalls im Übungsrestaurant
Dienst tun. Die Speisen vorbereitet werden in der Villa Medici, einem früheren
Edelrestaurant, das von einem Bensheimer Unternehmer dem Caritasverband für
zehn Jahre kostenfrei zur Verfügung gestellt wurde. Das Qualifizierungs- und
Ausbildungsprojekt richtet in der Villa Medici auch Familienfeiern mit
gehobenen Ansprüchen, aber zu erschwinglichen Preisen aus und erfreut sich
dabei großer Nachfrage. Ein Besuch in der Klinik Schloß Falkenhof, der vom
Caritasverband Darmstadt getragenen Fachklinik für Menschen mit
Suchtkrankheiten, beschließt das Besuchsprogramm dieses Tages.
12. Juli: Von Heppenheim über Lorsch nach Worms
Am vierten Tag führt die Tour de Caritas vom Übernachtungsort
Heppenheim nach Lorsch. Hier wird die rege ehrenamtliche Arbeit vieler
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Mittelpunkt der Information stehen. Unter
anderem unterhalten sie eine Kleiderkammer und sind seit vielen Jahren in der
Hausaufgabenhilfe für benachteiligte Kinder und Jugendliche engagiert. Weiter
geht die Fahrt nach Worms, wo zunächst dem Haus Jona ein Besuch abgestattet
wird. Das Haus Jona beherbergt ambulante Hilfe wie Betreutes Wohnen für
psychisch kranke und suchtkranke Menschen. Gegen Abend geht es bei Informationen
über das Innovations- und Qualifizierungszentrum Worms (IQW) noch einmal um das
Jahresthema 2007 der Caritas in Deutschland „Mach dich stark für starke
Kinder“. Das vom Caritasverband Worms getragene IQW bietet auf den
Berufsfeldern Hotel, Gastronomie, Hauswirtschaft, Handel, Dienstleistungen und
Verkauf eine Reihe vom Qualifizierungsbausteinen an, dazu auch Umschulungen zum
Koch oder zur Restaurantfachkraft. Bei gutem Wetter findet der Informationsabend
im Rahmen eines kleinen Grillfestes im Hof des Caritaszentrums St. Elisabeth
statt. Das IQW wird neben der Information auch das Catering übernehmen.
Von
Worms per Bahn nach Ingelheim und von dort nach Mainz
Am fünften Tag der Tour, Freitag, 13. Juli, wird die erste Etappe von
Worms bis Ingelheim mit der Bahn überbrückt. In Ingelheim wird als erstes das
vom Caritasverband Mainz getragene Haus St. Martin besucht, in dem um die
vierzig Kinder und Jugendliche mit schwersten Mehrfachbehinderungen leben und
gefördert werden. Mit dem Fahrrad geht es weiter nach Budenheim, wo der
Caritas-Bürgerservice (CBS) eine
Großküche unterhält, die als Beschäftigungseinrichtung für behinderte
Menschen täglich hunderte Essen für Schulen und Betriebe herstellt.
Schlusspunkt für die Woche wird in Mainz im neuen Caritaszentrum Delbrel
gesetzt. Nach Informationen über das Haus wird auf einer Pressekonferenz
zugleich eine erste Bilanz des ersten Teils der Tour de Caritas geben.
16. Juli: Fortsetzung als „Tour de Oberhessen“ in Gießen
Nach einer Wochenendpause wird die Tour de Caritas am Montag, 16. Juli,
fortgesetzt. Vom Mainzer Hauptbahnhof geht es zunächst mit der Bahn nach
Gießen, wo sich per Fahrrad eine Stadtrundfahrt anschließt. Beim Sozialdienst
katholischer Frauen, einem Fachverband der Caritas, wird man zunächst der
Sprachheilschule einen Besuch abstatten. Die Tour führt dann in das vom
Caritasverband Gießen getragene Alten- und Pflegeheim St. Anna, das auch eine
Abteilung für Menschen im Wachkoma (Apalliker) umfasst. Dort
wird man sich über die Pflege und Therapie
von Koma-Patienten sowie die Erfahrungen mit ihnen, die Lebens- und
Heilungschancen informieren. Weiter geht die Fahrt zur Kindertagesstätte
Bernhard Itzel, einer der wenigen KiTas in direkter Trägerschaft eines Caritasverbandes.
Ihr Namenspatron Bernhard Itzel war nach dem Zweiten Weltkrieg der legendäre
Gründer des Caritasverbandes Gießen, der im Umgang mit den Flüchtlingsströmen
aus dem Osten unglaubliche Improvisationstalente entwickelte.
17. Juli: Von Lauterbach über Schlitz nach Fulda
Am Dienstag, 17. Juli, wird die Strdcke bis Lauterbach zunächst mit der
Bahn überbrückt. In der Außenstelle Lauterbach des Caritasverbandes Gießen wird
man sich über die Besonderheiten und Chancen der Caritasarbeit in der Diaspora
informieren. Per Fahrrad geht es weiter nach Schlitz zum Besuch des Graf
Görtzischen Altersheimes, das als korporatives Mitglied der Caritas angehört.
In der historischen, die Stadtsilhouette prägenden Hinterburg befindet sich
nach aufwändigen Renovierungsarbeiten ein modernes Altenheim. Weiter geht die
Tour nach Fulda, wo man dem Grab des heiligen Bonifatius einen Besuch abstatten
und mit einer Delegation des Fuldaer Diözesancaritasverbandes zusammentreffen
wird.
18. Juli: Von Fulda zum Schlusspunkt nach Mainz
Mit der Bahn führt die Fahrt am Mittwoch, 18. Juli, nach Mainz zurück.
Im SkF-Haus des Caritas-Fachverbandes „Sozialdienst katholischer Frauen“ Am
Römerwall wird man sich über die Arbeit des Mainzer SkF informieren, der in
Mainz Träger des Frauenhauses ist, die Gewaltpräventionsstelle unterhält und
eine Kinderbetreuung mit Hausaufgabenhilfe anbietet. Vom SkF geht es per
Fahrrad zum Thaddäusheim, das Übernachtungsplätze für über 60 wohnungslose
Menschen bietet und ihnen darüber hinaus auch ein dauerndes Angebot zur
Resozialisierung und Wiedereingliederung in ein sesshaftes Leben macht. Zum
Ende der Tour de Caritas gilt ein Informationsbesuch dem St. Vinzenzhospital
des Katholischen Klinikums Mainz. Nach Informationen über das Caritaswerk St.
Martin, das die Trägerschaft des Katholischen Klinikums Mainz und des St.
Marienkrankenhauses in Lampertheim sowie der Caritas-Altenzentren Maria Königin
in Mainz-Drais, des St. Josefsstiftes in Mainz und des Albertus-Stifts in
Gau-Algesheim innehat. Es folgt der Schlusspunkt bei einer Pressekonferenz, bei
der zugleich eine Gesamtbilanz der Tour de Caritas vorgelegt wird.
J. Otto Weber