Mainz, 16.
Mai 2003:
Ein
fünfunddreißigster Geburtstag ist gemeinhin nicht d a s
feiernswürdige Datum. Bei dem Caritasverband Mainz e.V. ist das ein
bisschen anders. Befasst man sich näher mit dem Lebenslauf des „Jubilars“ wird
schnell klar, welch dynamische Entwicklung dieser bis dato genommen hat. Eine
Dynamik, die wohl auch die Gratulanten und Festteilnehmer erfasste, denn die
strömten in weit größerer Zahl als angemeldet zu den Ereignissen in die „alte
Patrone“ im Mainzer Hartenbergviertel.
Über die beachtliche
Resonanz und Akzeptanz der Mitarbeiter, Ehemaligen und Gäste freuten sich
Veranstalter und Organisatoren gleichermaßen. Damit war sowohl für den
Augenblick des Wiedersehens, Innehaltens, den gemeinsamer Erinnerung und dem
Blick nach vorne das rechte Auditorium zusammen geströmt.
Nach musikalischer Einstimmung und der
Begrüßung durch den Vorsitzenden, Geistlicher Rat Hermann Sturm, und Anne Stein
straffte Ordinariatsrat Thomas Klumb professionell die Moderatorenzügel für die
drei Gesprächsrunden. Hier kamen sowohl Gründer, Personen die die Phase der
Entwicklung und Wachstums begleiteten ebenso zu Wort kamen wie jene, die sich
im dritten „Talk“ zu den Perspektiven äußern sollten.
Einen sehr lebendigen
Einblick in die ersten Jahre lieferten Pfarrer Günter Emig (ehemaliger Direktor
und Vorsitzender des Caritasverbandes für die Diözese Mainz), Heribert
Brinkmann, (der erste Direktor des Caritasverbandes) und Maria Osswald
(ehemalige Mitarbeiterin in Diözesan- und Bezirksverband). Sie waren seit dem
Geburtstag, dem 10.Januar 1968, für den Caritasverband Mainz e. V. und damit
für Menschen in Not tätig.
Die Organisationsform wurde analog bestehender
Verbände übernommen; Mittelknappheit in der heutigen Dramatik war unbekannt.
Spenden flossen ausreichend, der Kirchensteueranteil war relativ gering.
Administration, Spezialisierung der Fachlichkeit, das waren seinerzeit allesamt
fast unbekannte Begriffe.
An Müttererholung, Jugendhilfe als Tätigkeitsschwerpunkte
erinnerte man sich in der Runde.
Außerdem, so sagte Maria Osswald, Allgemeine
Lebensberatung, „Erziehungsproblematik, Adoption; ich habe alles gemacht, es
war bei weitem unkomplizierter, nicht so professionell wie heute, aber der
Mensch kam vor der Bürokratie.“
Eine Zeit, auf die sie mit Freude und Stolz
zurück blicken können, résümierte Moderator Thomas Klumb.
Aus der Caritasfamilie wurde unaufhaltsam ein
Unternehmen, das heute ca. 400 Mitarbeiter beschäftigt und 32 verschiedenartige
Einrichtungen (in den vier Dekanaten angesiedelt) in seinem Organigramm
ausweist.
Zwölf Jahre dieser Phase hat Martin Eisenbach
als Geschäftsführer die Geschicke mit beeinflusst. Er, das entlockt ihm
Moderator Klumb, in der Pflicht „eine Struktur reinzukriegen“, die familiäre
Atmosphäre war darin weniger ausgeprägt. Der Sozialarbeiter musste auch
Managementqualitäten entwickeln. Die Errichtung des Sozialen Zentrums in
Mombach - nach viel politischer Diskussion - habe gezeigt, dass man auch mit
den Kommunen etwas hinbekommt. Ansonsten: Ein Caritasmanager muss - wie ein
Wünschelrutengänger - nach Betätigungsfeldern suchen. Eisenbach hat sich hierzu
der Wahrnehmung der Menschen, und die Erfahrungen und Erlebnisse der
Mitarbeiter in den Dienststellen vor Ort zunutze gemacht.
Langjährig erfahren sind auch
Eisenbachs „Talkkolleginnen“, Maria Treiling-Evers, (ehemals Leiterin der
Tagesstätte für behinderte und entwicklungsgefährdete Kinder in
Bingen-Büdesheim) und
Edelgard Ziegenbalg
(Leiterin der Sozialstation AHZ Bodenheim), die den Weg „von der Familie zum
Dienstleistungsbetrieb“ mitgegangen sind. Partiell beklagen sie den fehlenden
Bezug zwischen „professionellen Kollegen und der Gemeinde“.
Seit knapp zwei Jahren ist
Caritasdirektor Paul Rupp im Amt.
Aktuell sieht er in der Familienpflege ein
schwerwiegendes Problem. „Dort brennt es“, befindet der Zuständige, der den
Caritasverband Mainz in die Zukunft führt.
Und damit ist er bei der Herausforderung, die
die Perspektiven wesentlich bestimmt: „Geld“. Bei diesem Punkt gehören Politik
und Verwaltung mit an den Tisch. „Wir arbeiten derzeit intensiv zusammen“,
bekundet Rupp seinen Gesprächspartnern, dem Mainzer Sozialdezernenten, Michael
Ebling, und dem Kreisbeigeordneten, Thomas Feser.
Wir müssen uns auf andere Ressourcen zu
bewegen, sagt Ebling und versteht darunter die Vernetzung bestehender Angebote,
neue soziale Arrangements und das ausschöpfen sozialer Engagements von Vereinen
und Kirchengemeinden.
Die politische Diskussion wird auf
Geld reduziert, die Menschen in Not werden aus dem Blick verloren und das
Engagement der Wohlfahrtsverbände in die Enge gedrückt, charakterisiert Thomas
Feser die Situation.
In einem nie gekannten Ausmaß bestimmen
Umbrüche den sozialpolitischen Bereich. Im Pflegebereich werden neue Lösungen
gebraucht, bei denen man sich auf qualifizierte Träger stützen kann. In diesem
Umfeld, begleitet von fairer Kooperation und Entscheidung der Politik
möchte Paul Rupp, die Zukunft des Verbandes weiter entwickeln.
In seinem Schlusswort bestätigt Domkapitular
Hans-Jürgen Eberhardt, dass der Caritasverband Mainz zu einem sozialen
Unternehmen gewachsen ist. „Die familiäre Atmosphäre ging verloren.“ Aber auch
ein Ende der Spezialisierung sieht er gekommen. Er fordert Ressourcen zu
bündeln und den Mensch als ganzes in den Blick zu nehmen. Er betont die
Notwendigkeit persönlicher Nähe und lobt die Caritasarbeit, die in den
verschiedenen Diensten denen er für ihr Engagement dankte, geleistet
wird. Er dankte Gott für erfülltes Leben und für Heilungsmöglichkeiten die er
schenkt.
Mit einem Frühlingsfest voll kreativer Einlagen
feierten die Mitarbeiter mit ihrem Chef noch bis in die Nachtstunden.
790 Wörter 135
Zeilen, Anne Stein