Kochen ist seine Leidenschaft und alte Menschen
faszinieren ihn: Markus Biedermann ist Eidgenössischer Diplom-Küchenchef und
Diplom-Gerontologe. Ausgebildet wurde er und gearbeitet hat er meist in
leitender Position in einer Reihe schweizerischer Renommierhotels. Als
Küchenchef hat er auch in verschiedenen Altenheimen gearbeitet. Zusätzlich hat
er eine Altenheimleiter-Ausbildung gemacht und ein Altenheim in Zürich
geleitet. Für die Stiftung Deutsche Wohlfahrt war er Leiter eines Projektes
„Esskultur für Menschen mit Demenz – mehr Lebensqualität im Alter“ in einem
Altenheim in Essen-Steele. Heute ist er vor allem in der Beratung von
Altenheimen und Fortbildung ihrer hauswirtschaftlichen Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter tätig. Ihnen eine dem alten Menschen angemessene Esskultur zu
vermitteln, ist ihm ein Anliegen, das er fast schon leidenschaftlich vertritt.
Beate Kramer vom Referat Hauswirtschaft des Caritasverbandes für die Diözese
Mainz ist es gelungen, Markus Biedermann für eine zweitägige Fortbildung insbesondere
für hauswirtschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Altenheimen zu
gewinnen, die im Caritas-Altenzentrum Maria Königin in Mainz-Drais stattfand
und auf hohe Resonanz stieß.
Den 24 Teilnehmerinnen und Teilnehmern der
Fortbildung – unter ihnen Küchenleiter, hauswirtschaftliche Mitarbeiterinnen,
Altentherapeuten und sogenannte „Präsenzkräfte“, die insbesondere in der
Betreuung demenzkranker alter Menschen beschäftigt sind – schärfte Markus
Biedermann immer wieder ein, den alten Menschen, seine Bedürfnisse und Wünsche
in den Mittelpunkt des Denkens zu stellen. „Es geht um eine wertschätzende
Haltung alten Menschen gegenüber“, betonte er. „Wir dürfen sie nicht einfach
betreuen, sondern müssen sie als Partner sehen und nach ihren Wünschen fragen.“
Den Menschen mit all seinen Sinnen ansprechen
Über die Essenzubereitung und Nahrungsaufnahme
müsse der ganze Mensch mit allen seinen Sinnen angesprochen werden - und nicht
nur der Geschmackssinn. Biedermann bestärkte seine Kursteilnehmerinnen und
–Teilnehmer darin, das Essen an geschmackvoll gedeckten Tischen auf großen Tellern
und immer garniert darzubieten, „denn auch das Auge isst mit“. Er ermunterte
gerade die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Hauswirtschaft, das Essen
selbst auszuteilen. Nur so könnten sie erspüren, was gut ankommt und welche
weiteren Wünsche die Bewohnerinnen und Bewohner haben. Wichtig sei es auch,
dass die Bewohnerinnen und Bewohner durch den Essensduft dazu animiert werden,
herzhaft zuzulangen.
Alte Menschen bei Essenszubereitung mit einbeziehen
Dem Thema der Fortbildung gemäß, ging Biedermann
speziell auf die Bedürfnisse dementiell erkrankter Menschen ein. Gerade bei
ihnen sei eine ganzheitliche Ansprache aller Sinne notwendig. Er plädierte
dafür, sie auch in die Essenzubereitung mit einzubeziehen. In den meisten
Heimen würden die Menschen wie in einem Hotel betreut und versorgt,
hinterfragte Biedermann die vielerorts gängige Praxis. Das mache man selbst als
jüngerer Mensch gerne einmal drei Wochen lang mit, aber dann werde es langweilig.
In den Heimen und Bereichen dagegen, in denen die alten Menschen auch bei der
Essenzubereitung mitarbeiten dürften, gehe es lebendig zu und seien die
Menschen glücklicher, macht Biedermann immer wieder die Erfahrung. Das mache
Spaß, sagte der leidenschaftliche Koch, stimuliere durch das Anpacken und Riechen
die Sinne und wecke den Appetit auf das Endprodukt.
Öfter Fingerfood anbieten
Ausdrücklich machte Biedermann Mut, insbesondere
demenziell erkrankten Menschen das Essen in kleinen Häppchen als Fingerfood so
zu servieren, dass sie es mit der Hand zum Munde führen können. Dass man mit
Messer, Gabel und Löffel das Essen zu sich nehme, sei eine kulturelle Errungenschaft
der neueren Zeit. Bis ins 17. Jahrhundert habe man überwiegend mit den Fingern gegessen
und aus Gefäßen getrunken. Und auch das Kleinkind gehe nicht von der
Mutterbrust auf das Essen mit Messer und Gabel über, sondern esse zunächst mit
den Fingern. Deshalb sei es weder ehrenrührig noch unwürdig, insbesondere
dementiell erkrankten Menschen, denen der Gebrauch von Messer und Gabel schwer
falle, Fingerfood anzubieten. Da manche der dementiell Erkrankten das Essen
schlicht einfach vergessen, müsse man ihnen entgegenkommen und die
Nahrungsaufnahme so unkompliziert wie irgend möglich gestalten. Es gebe eine
Fülle von Möglichkeiten, das Essen in kleinen Häppchen fingergerecht so
zuzubereiten, dass es sowohl wohlschmeckend wie ernährungsmäßig ausgewogen sei
und mit Phantasie als Augenschmaus serviert werden könne. Auch auf schmackhafte
Soßen und Passiertes brauche man dabei nicht zu verzichten; sie werden in
Kaffeetassen serviert.
Selbst ausprobiert
Einige der Rezepte mit teils klingenden Namen wie
„Windbeutel mit Käse-Schinken-Füllung“, „Kartoffel-Bolanie“, „Reis-Koriander
Samosa“, „Schinkenkroketten“, „Gries-Dukaten im Ei gebraten“, „Panir“,
„Brot-Käsetaler“ und „Apfelchüechli“ stellte er vor. Zum Finale des Kurses
wurden alle diese Gerichte durch kleine Gruppen der Teilnehmer in der Küche des
Altenzentrums Maria Königin zubereitet, serviert, verkostet - und als äußerst
lecker empfunden.
J. Otto Weber
Kontakt:
Das aktuelle Fortbildungsprogramm 2006 des
Diözesancaritasverbandes Mainz im
Internet unter:
www.dicvmainz.caritas.de
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