Bensheim. "Sie sind mit Ihren Stiftungen ´Botschafter des sozialen Engagements`". Mit dieser Feststellung hat der Vorstandsvorsitzende der Wilhelm Emmanuel von Ketteler-Stiftung, Thomas Karst, beim diesjährigen Stiftertag der Stiftung am Montag, 8. September, in Bensheim, die Leistungen der Stifter gewürdigt. Damit griff er eine Formulierung von Bundespräsident Joachim Gauck vom Deutschen Stiftungstag im Mai dieses Jahres in Hamburg auf. So lobte er bei dem Treffen im Caritas Altenheim St. Elisabeth die Stifterinnen und Stifter mit den Worten: "Sie sind tat- und finanzkräftige Unterstützer der Gesellschaft, vor allem bedürftiger und benachteiligter Menschen, indem Sie privates Geld für soziale Zwecke zur Verfügung stellen und Menschen und Dinge in Bewegung bringen." Dafür wolle ihnen der Vorstand nicht nur an diesem Tag herzlich danken.
Karst unterstrich, dass das Jahrestreffen 2014 der Stifter und Förderer der Ketteler-Stiftung wieder an einem Ort stattfinde, "wo sich Stiftungsaktivitäten konkretisieren". Die Stiftung des Caritas Altenheims St. Elisabeth unterstütze die Bewohner über das gesetzliche Maß hinaus. Dabei gehe es nicht darum, Lückenbüßer für Mängel staatlicher Regelungen zu sein, sondern dass die Zuwendung zu den Menschen nach dem Leitbild dieses Altenheims gestaltet werde. Ihm zufolge wollen die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen alte Menschen darin unterstützen, "trotz Hilfsbedürftigkeit ihr Leben nach ihren Bedürfnissen zu verwirklichen". Dabei stehe das Ziel im Vordergrund, die Einzigartigkeit jedes Bewohners zu achten. "Für jeden Menschen gilt, dass er Geschöpf und Ebenbild Gottes ist, dem Heil zugesagt wird.", heißt es in dem Leitbild.
Es werde darauf geachtet, dass Fähigkeiten nicht verkümmern und unverwechselbares Leben nicht eingeengt wird, sondern sich frei entfalten kann. Dadurch werde die Einrichtung "zu einem Ort, an dem Gott vorkommt". Aus dem Miteinander entstehe ein Füreinander, das Menschen helfe, in Würde alt zu werden und ihnen Wegbegleitung bis in den Tod anbiete, getragen von Achtung und Zuwendung. Von diesen Grundgedanken war auch die Eucharistie geprägt, die der Vorsitzende des Kuratoriums der Stiftung, Weihbischof Dr. Ulrich Neymeyr, mit den Teilnehmern des Stiftertages und Heimbewohnern in der Hauskapelle feierte. Konzelebrant war der neue Pfarrer von Bensheim-St. Georg, Thomas Catta.
In seiner Predigt zum Fest Mariä Geburt stellte der Weihbischof heraus, dass Maria Jesus nicht nur geboren, sondern entscheidend zu seiner Menschwerdung beigetragen habe. Für Jesus sei Maria darin Helferin und Begleiterin gewesen. Gewiss habe der heilige Josef auch dazu beigetragen. "Menschwerdung dauert lange, bis wir wirklich erwachsen sind", stellte Neymeyr fest. Die Caritas habe oft mit Menschen zu tun, bei denen die Hilfe dazu ausgeblieben sei.
Bei einem Rundgang durch die Einrichtung mit ihren 120 Plätzen unter Führung des Heimleiters Hans-Peter Kneip und der Leiterin der Tagespflege, Claudia Sänger, erhielten die Besucher einen Einblick in die Arbeit. Mehr als 100 Frauen und Männer auf insgesamt etwa 70 Stellen, die meisten in der Pflege und Betreuung, arbeiten zusammen. Kneip und Sänger betonten, dass die 1995 gestartete Tagespflege (zurzeit mit 14 Plätzen) ab dem kommenden Jahr einen höheren Stellenwert haben, mit einem eigenen Budget ausgestattet und nicht mehr unter ambulanten Leistungen verrechnet wird.
Der Altbau der Einrichtung wurde 1912 nach Plänen des Architekten Heinrich Metzendorf als Jugendstilvilla für den Bensheimer Papierfabrikanten Wilhelm Euler fertig gestellt und als "Villa Eulenhorst" von der Familie bewohnt. Ab 1936 habe der NS-Lehrerverband das Haus übernommen, mit vielen Hakenkreuzen ausgestattet und als "Bräunungsinstitut" genutzt, berichtete Kneip. Nach dem Krieg wurde das Haus von amerikanischen Offizieren übernommen (unter ihnen der spätere US-Außenminister Henry Kissinger). Nach der Freigabe durch die Amerikaner erfolgte der Umbau zum Altenheim St. Elisabeth, das Bischof Albert Stohr 1960 einweihte. In den Jahren 1991 bis 1995 wurden umfangreiche Modernisierungs- und Erweiterungsbauten durchgeführt, die im März 1996 mit der feierlichen Einweihung durch Bischof Karl Lehmann ihren Abschluss fanden.
In seinem Vorstandsbericht unterstrich Karst, dass das Engagement von Stiftern in Deutschland ungebrochen sei. Im Jahr 2013 sei die Zahl der rechtsfähigen Stiftungen um 3,1 Prozent auf 20.150 angewachsen. Davon verfolgten 95 Prozent gemeinnützige Zwecke, darunter 30 Prozent soziale Zecke wie die Ketteler-Stiftung. Unter ihrem Dach sei die Zahl der Treuhandstiftungen auf 38 gewachsen. Daneben betreue die Ketteler-Stiftung zwei selbständige Stiftungen. Hinzu kommen zwei testamentarisch gegründete Stiftungen, die erst im Erbfall mit Kapital ausgestattet werden. Wie Karst weiter darlegte, ist das Stiftungskapital 2013 um circa 4,5 Millionen Euro auf rund 16,8 Millionen Euro gewachsen. Dieser starke Anstieg sei auf den Zuwachs der "Familie Schmitt-Stiftung" zurückzuführen. Der im April 2013 verstorbene Stifter Werner Schmitt hat sein Vermögen seiner Familienstiftung vermacht.
Darüber hinaus verwies Karst auf die Schwierigkeiten, die der Stiftung durch die extrem niedrigen Zinsen auf dem Kapitalmarkt entstanden seien. Dennoch sei es in den letzten Jahren gelungen, die Rendite bei rund 3 Prozent stabil zu halten. Ein wichtiger Beitrag dazu habe sich aus der Anlage des Stiftungsvermögens in Aktien (etwa 11 Prozent) ergeben, erläuterte der stellvertretende Vorsitzende des Kuratoriums der Ketteler-Stiftung, Volker Schneider. Er plädierte in seiner Analyse der Kapitalmarktsituation dafür, dieser Anlageform auch in Zukunft stärker zu vertrauen und die damit verbundenen Risiken nicht zu überschätzen.
Nachdrücklich würdigte Karst vor den versammelten Stiftern noch einmal die Verdienste des nach 13 Jahren ausgeschiedenen geschäftsführenden Vorstandsmitglieds Wilhelm Schulze um den Ausbau der Ketteler-Stiftung. Auch sein Nachfolger, Dr. Werner Veith, trage das "Caritas-Gen" in sich. Er schloss seinen Vortrag mit der Feststellung, dass die Kirche seit Jahrhunderten eine bewährte Trägerin von Stiftungen und Garant für das Vermächtnis von Menschen sei, die mit ihrem Vermögen dauerhaft Gutes tun wollen. Er schloss mit den Worten: "Wir sind stolz darauf, dass die Ketteler-Stiftung durch ihr Beispiel Anstoß für immer neue Stiftungen unter einem gemeinsamen Dach gibt."
Jürgen Strickstrock