Pressemitteilung des Caritasverbandes für die Diözese Mainz Verantwortlich: J. Otto Weber - Fon 06131/2826-254 - Fax
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Caritas-Fachtagung zu Streitkultur und sozialen
Regeln im Hort: Handschlag statt
Faustschlag
Unter dem Motto „Handschlag statt Faustschlag“
befassten sich rund 50 Hort-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter auf einer
zweitägigen Fachtagung (am 25./26. September 2000) im Erbacher Hof in Mainz
mit dem Thema „Aggression und Gewalt“ im Hort. Zentrale Fragestellungen waren
dabei: Wie lassen sich Gewaltphänomene in unserer Gesellschaft einordnen?
Welche Entlastungsmöglichkeiten bieten sich an? Welche präventiven,
vorbeugenden Möglichkeiten lassen
sich im Hort aufgreifen? Gibt es bewährte Konzepte oder Projekte zur
Konfliktbewältigung? Während der gemeinsamen Veranstaltung der
Caritasverbände der Diözesen Fulda, Limburg und Mainz griffen Experten in
Vorträgen und vertiefenden Workshops die Problematik auf: sie beleuchteten
Entstehungsbedingungen und
Erscheinungsweisen von
Aggression und Gewalt in Gesellschaft, Familie, Schule und Hortalltag; sie
diskutierten mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern Handlungsstrategien und stellten
präventive Ansätze und Konzepte vor. Der Handschlag, der von Eltern
und Erziehern bei Konflikten zwischen Kindern schnell als Versöhnungsgeste
verlangt wird, ist bereits das Ergebnis von Erziehung. Darauf wies Jörg
Rainer Hoppe vom Deutschen Verein in Frankfurt in seinem einführenden Vortrag
„Handschlag statt Faustschlag im Hort-Alltag“ hin. Dieser „Handschlag der
Versöhnung“ setzt voraus, dass Kinder Anerkennung finden, Wertmaßstäbe kennen
und Personen wie Institutionen erleben, die auf ihre Bedürfnisse eingehen.
Wenn Erzieher sich zum Anwalt für die Kinder machen und versuchen, etwas
gegen von außen auferlegte Zwänge und Beschränkungen zu unternehmen, dann
könne dies zur Verhinderung von Gewalt und Abbau von Aggressionen beitragen,
so Hoppe. Zahlreiche Projekte belegten dies. Zunehmende Verrohung in der Gesellschaft Gewalttätige Konfliktaustragung
hat nicht an Quantität zugenommen, aber es hat sich die Qualität der
Konfliktaustragung verändert. Diese Erfahrung aus langjähriger Arbeit in
Erziehungsberatung und Heimerziehung brachte Karl-Heinz Sohn in seinem
Vortrag „Wer dumm guckt, kriegt eins aufs Maul – ein systemischer Ansatz zur
Gewaltprävention“ ein. Insgesamt stellte er ein zunehmende Verrohung in der
Gesellschaft fest, die auch schon im Kindes- und Jugendalter deutlich wird.
Er forderte, Präventionsstrategien zu entwickeln. Zum Beispiel müsse man sich
wieder auf gemeinsame Werte verständigen, die für alle gelten.
Gewaltprävention sei eine Investition in die Zukunft, sagte Sohn, und sie
helfe langfristig, in der Gesellschaft Kosten zu sparen. Konflikte – Chancen zum sozialen Lernen In
seinem Beitrag „Mut zur Erziehung - Grundsätze und Methoden zur
Gewaltprävention“ stellte Franz-Werner Müller von der
Caritas-Erziehungsberatungsstelle Seligenstadt eine Inititative aus
Seligenstadt vor. Dort haben sich Kindergärten, Horte, Schulen, Elternbeiräte
und Beratungsstellen zusammengetan und gemeinsam Grundsätze für den sozialen
Umgang miteinander formuliert, die auch sinnvolle Konsequenzen bei
Regelverstößen mit einschließen. Mit Schulungen zur frühen Gewaltprävention
wolle man die sozialen Kompetenzen der Kinder und ihre Konfliktfähigkeit
stärken, um Gewalthandlungen vorbeugen, berichtete er. Hierzu habe man einen
„Leitfaden zur Konfliktlösung“ erarbeitet und ein „Versöhnungsritual“
entwickelt, die konsequent in Kindergärten, Horten und Schule angewendet
würden und auch in die Arbeit mit Eltern einflössen. „Hurra, wir haben einen
Konflikt – schon wieder eine Chance zum sozialen Lernen“, so beschrieb Müller
das Einstiegsmotto für Fortbildungen und die angemessene Grundhaltung für den
Umgang mit Konflikten. Architektur und Vandalismus Auf
die Bedeutung der Gestaltung des Lebensumfeldes wies Roland Seeger von der
Forschungsgesellschaft Spielraumgestaltung hin. Unter der Fragestellung „Baut
Architektur noch für die Seele?“ stellte er in seinem Vortrag „Kinder zeigen
Machtlosigkeit durch Vandalismus“ eine Verbindung her zwischen kindlicher
Entwicklung, Architektur und
Vandalismus. „Menschen brauchen Raum zum kreativen Gestalten“ – so seine
Botschaft. Architektur könne verheerende Wirkungen erzielen, wenn Vertrauen
erweckende Strukturen fehlten und sich Aggressivität durch mangelnde
Erkundungs- und Funktionslust in unveränderbaren Räumen entlade. Deshalb
forderte er eine naturnahe und Generationen übergreifende Frei- und
Spielraumplanung. Sinnlich anregende und Fantasie belebende Räume
begünstigten die gesunde Entwicklung von Kindern und förderten
Mitverantwortung und Mitmenschlichkeit, meinte Seeger. Rolf Meyer
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