Mainz. "Die gesellschaftlichen und finanziellen Folgekosten dieser kurzsichtigen Kürzungen wären gravierend", warnte Diözesancaritasdirektorin Nicola Adick anlässlich des bundesweiten Aktionstages Migrationsberatung am Mittwoch. "Sollten die geplanten Kürzungen in der vorliegenden Form beschlossen werden, werden die Träger der Migrationsdienste diese Kürzungen nicht mehr mit Eigenmitteln kompensieren können. Der Eigenmittelanteil der Caritas an der Migrationsberatungsarbeit ist bereits heute sehr hoch und nur noch mit großen Kraftanstrengungen aufzubringen." Die Caritas im Bistum Mainz berät mit derzeit insgesamt elf Beratungsstellen in der Migrationsberatung für Erwachsene (MBE) jährlich etwa 4000 Menschen.
Steffen Feldmann, Vorstandsmitglied des Deutschen Caritasverbandes, betonte: "Es fällt uns gesellschaftlich und auch finanziell auf die Füße, wenn die Bundesregierung im kommenden Jahr 24 Millionen Euro bei der Migrationsberatung für Erwachsene, 10 Millionen Euro bei den Beratungsstellen der Jugendmigrationsdienste, fast 10 Millionen Euro bei den psychosozialen Zentren für Geflüchtete und 20 Millionen Euro bei der Asylverfahrensberatung einsparen will." Die Kürzungen seien allein mit Blick auf die im Jahre 2022 höchsten Flüchtlingszahlen, die seit dem Zweiten Weltkrieg registriert wurden, nicht nachvollziehbar.
Die Beraterinnen Rigat Viau (r.) und Annegret Kamara berichteten beim Aktionstag in Gießen anschaulich von ihrer Arbeit in der Migrationsberatung, im Hintergrund eines der Bilder der Ausstellung. Foto: CV Gießen
In einem breiten Bündnis ruft die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW) am 13. September zu einem Aktionstag unter dem Hashtag #StarkeMigrationsberatung auf. Auch im Bistum Mainz beteiligen sich Mitarbeitende der Caritas in der Migrationsberatung für Erwachsene (MBE), den Psychosozialen Zentren und den Jugendmigrationsdiensten an den unterschiedlichen Aktionen vor Ort. Vielfach wurden Briefe an Bundestagsabgeordnete geschrieben oder Gespräche mit ihnen geführt. Der Aktionstag wird aber auch genutzt, um in Offenbach eine öffentliche Podiumsdiskussion mit Lokal-, Landes- und Bundestagsabgeordneten zum Thema "Eingewandert und was dann?" zu führen. In Gießen wurde eine Ausstellung zum Thema "Weit gereist" eröffnet. Gemeinsam ist allen Aktionen, dass sie auf die Notwendigkeit der niedrigschwelligen Beratungsangebote zur Integration geflohener und eingewanderter Menschen aufmerksam machen wollen.
Verlässliche Strukturen für Eingewanderte und Beratende nicht zerstören
Im Jahr 2022 sind 2,7 Millionen Menschen nach Deutschland eingewandert. Bundesweit konnten mit den bestehenden rund 1.400 Beratungsstellen der Migrationsberatung für erwachsene Zuwanderer (MBE) unterschiedlicher Träger insgesamt 559.000 Menschen erreicht werden. "Diese bewährte Beratungsstruktur jetzt zu zerstören ist fatal. Denn die Beraterinnen und Berater helfen den Ankommenden beim Zugang zu Sprachkursen, beim Einstieg in eine Ausbildung, beim Weg in die Schulen, zu Wohnungen und in Arbeit", unterstreicht Feldmann. Die Kosten für eine nicht gelernte Sprache, eine nicht absolvierte Ausbildung, einen verpassten Jobeinstieg von Eingewanderten seien später viel schwerer oder gar nicht aufzufangen. "Wir müssen den zu uns eingewanderten und geflüchteten Menschen weiter die Unterstützung geben, die notwendig ist, damit sie mit ihren Familien in Deutschland gut ankommen und gesellschaftlich und beruflich teilhaben können."
Ohne Basisfinanzierung droht Psychosozialen Zentren für Geflüchtete das Aus
Auch die geplanten Einsparungen bei den Psychosozialen Zentren für Geflüchtete (PSZ) haben schwerwiegende Folgen, denn ohne diese Basisfinanzierung droht ihnen das Aus. Dies bedeutet für viele geflüchtete Menschen, dass sie keinen Zugang zu einer angemessenen Gesundheitsversorgung mehr haben werden. "Ein erheblicher Anteil der geflüchteten Menschen musste traumatisierende Erlebnisse wie Krieg, Verfolgung oder schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen erleben. Eine fehlende Behandlung in diesen Zentren kann zu großem Leid für die Betroffenen führen und stellt häufig ein schwerwiegendes Integrationshindernis dar", so Feldmann weiter.
Weiterführende Informationen
https://www.caritas.de/hilfeundberatung/ratgeber/migration/migrationsdienst/migrationsdienst
https://www.migrationsberatung.org/de