Presse-Information
Bildungspaket: Kein Grund zum Feiern
Caritas sieht auch
nach einem Jahr Probleme bei der Umsetzung
Am
1.04.2012 ist das Bildungs- und Teilhabepaket ein Jahr in Kraft.
Hintergrund
war dabei das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG) vom 09.02.2010.,
das festgestellt hatte, dass im Regelsatz für Kinder und Jugendliche
insbesondere Ausgaben für Bildung und Teilhabe als wichtige Bestandteile des
soziokulturellen Existenzminimums nicht ausreichend berücksichtigt werden.
Aktuelle Erfahrungsberichte aus
den Beratungsfachdiensten der Caritas und Ihrer Fachverbände zeigen, dass die
Umsetzung des sogenannten “Bildungspaketes” weiterhin zu schleppend verläuft.
Zwar sind bei einzelnen Leistungsträgern Verbesserungen bei der Umsetzung
feststellbar, aber die bereits mit dem Start des Gesetzes erkennbaren Mängel
bestehen weiterhin. Das gilt insbesondere im Hinblick auf die überbordende Bürokratie
und Defizite in der Informations- und Öffentlichkeitsarbeit.
Für die Arbeitsgemeinschaft der
Caritasverbände ergibt sich daraus die Forderung, das Antragswesen im Bildungs-
und Teilhabepaket wesentlich zu vereinfachen. Hierzu könnten die vom Bund
bereits im November 2011 angekündigten, notwendigen Nachbesserungen, so z.B.
Verfahrensvereinfachungen durch einen so genannten Generalantrag einen Beitrag
leisten. Eine Umsetzung der Nachbesserungen ist bisher nicht erkennbar. Nach
wie vor sind in der Bevölkerung erhebliche Informationsdefizite im Hinblick auf
das Gesetz festzustellen. Auch fehlt es weiter an einer einheitlichen Regelung
auf Landesebene. Bis zum heutigen Tag praktiziert jede Behörde und jede Kommune
ihre eigene Vorgehensweise. Einheitliche Vorgaben der zuständigen Bundes- und
Landesministerien sind daher unabdingbar. Nach Ansicht der Arbeitsgemeinschaft
der Caritasverbände könnten stärkere örtliche Vernetzungen ein hilfreicher Weg
sein, um zu besseren Lösungen zu kommen. Leistungsträger, Bildungsträger,
Vereine, und Beratungsstellen als vor Ort zuständige und beteiligte Akteure
sollten gemeinsam kreative Ideen für die Umsetzung der Leistungen entwickeln.
Hier kommt den Kommunen sowohl in der Koordination als auch in der Umsetzung
eine zentrale Rolle zu.
Seitens der Arbeitsgemeinschaft
der Caritasverbände bleibt es auch bei der Forderung, dass alle Kinder in das
Bildungs- und Teilhabepaket einbezogen werden müssen. Denn nach wie vor gibt es
Fälle, in denen Kinder aus Asylbewerber- und Flüchtlingsfamilien ausgeschlossen
sind.
Die aktuellen Erhebungen in den
Beratungsdiensten zeigen, dass weit weniger als die Hälfte der
Leistungsberechtigten überhaupt eine Unterstützung beantragen. Dort wo
Leistungen in Anspruch genommen werden, sind dies vor allen Dingen Zuschüsse
zum Schulessen zu Ausflügen und Klassenfahrten. Mittel zur Lernförderung und
Leistungen zur gesellschaftlichen Teilhabe werden dagegen kaum in Anspruch genommen.
Die Gründe für die
Nichtinanspruchnahme sind gleichermaßen vielfältig wie strukturell bedingt. Sie
reichen von der mangelhaften Information der Eltern und Institutionen bis hin
zu aufwändigen, stigmatisierenden und zum Teil absurden Verfahren:
Lernförderung gibt es beispielsweise nur, wenn unmittelbar die Versetzung eines
Kindes gefährdet ist, die Eltern ein entsprechendes Gutachten der Schule
vorlegen, sie in finanzielle Vorleistung gehen und zum Teil monatelange
Bearbeitungszeiten hinnehmen. Eine derartige Benachteiligung von Kindern aus
einkommensschwachen Familien sowie die Bevormundung ihrer Eltern ist nicht
gerecht und so nicht hinzunehmen. Um zu einer wirklichen Bildungsgerechtigkeit,
Chancengleichheit und Teilhabe aller Kinder zu kommen braucht es einen grundlegenden
Perspektivenwechsel der Politik - es muss vom Kind aus gedacht werden.
Darüber hinaus stellt sich auch
die Frage, wie Schulen und Kindertagesstätten von oft sehr aufwendigen Verwaltungsarbeiten
zur Umsetzung des Bildungs- und Teilhabefonds befreit werden können, damit alle
Kinder gleich welcher Herkunft schnell und unbürokratisch gleiche Chancen der
Teilhabe haben.