Begleitung beim Weg aus der Sucht
Lotsennetzwerk Rhein-Main - ein Netz das auffängt und hält
Ministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler und Minister Kai Klose haben die Schirmherrschaft für das Lotsennetzwerk Rhein-Main übernommen. Zielgruppe des Projekts sind Menschen mit einem missbräuchlichen oder abhängigen Konsum von Suchtmitteln. Anlass für den Caritasverband Darmstadt das Projekt in einer Infoveranstaltung in Mainz im Haus am Dom vorzustellen und die Lotsinnen und Lotsen zu würdigen.
Sehr eindrücklich sind die Lebensgeschichten von HaJo, Uwe und Sebastian, drei Männer im Alter von 70, 48 und 30. Im Gespräch mit der Moderatorin Nina Steinert, hr, sprechen sie über die Jahre ihres Lebens, als Alkohol und Drogen ihr Leben bestimmte und wie sie den Weg raus aus der Sucht geschafft haben. Nun, nach Jahren der Abstinenz, stehen sie anderen Menschen als Lotse zur Seite, die ihren Weg aus der Abhängigkeit noch vor sich haben. Als Sucht erfahrene Menschen begleiten und unterstützen sie Suchtkranke oder deren Angehörige auf dem Weg aus der Sucht für eine bestimmte Zeit mit ihren Erfahrungen aus dem eigenen Leben.
"Durch den Kontakt mit den Lotsen erleben Menschen, die in einem Teufelskreis gefangen sind und die Orientierung verloren haben, dass eine Route nach draußen führen kann. Betroffene haben mit den Lotsen jemanden an der Seite, der gleiches erlebt hat und erfahren über Hilfemaßnahmen der beruflichen Suchthilfe oder der Suchtselbsthilfe. Die Gespräche finden auf Augenhöhe und mit viel Empathie statt", so Koordinatorin Christine Müller, die seit Sommer 2018 das Projekt koordiniert. Sie ist froh, dass sich über 65 Lotsinnen und Lotsen beim Lotsenprojekt Rhein-Main freiwillig und ehrenamtlich engagieren, nachdem sie durch eine Schulung auf diese Tätigkeit vorbereitet wurden. Regelmäßige Schulungen und Praxisbegleitungen werden weiterhin angeboten, damit die Lotsen an ihrer Aufgabe wachsen und nicht zerbrechen. Denn der Lotse ist ein Weg-Begleiter, der jedoch nicht für die Klienten verantwortlich ist.
Mit sechs Kliniken ist die Koordinatorin derzeit in Gesprächen aber auch die Jobcenter, die Landeszentrale für Gesundheitsförderung in Rheinland-Pfalz e.V. (LZG) oder die Seniorenberatungsstelle in Rüsselsheim sind wichtige Gesprächspartner. Neben den Lotsen waren daher viele Netzwerkpartner zur Informationsveranstaltung eingeladen, um das Projekt kennenzulernen.
Ein Vorreiter in der Zusammenarbeit mit dem Lotsennetzwerk ist das Rüsselsheimer Akutkrankenhaus. Heike Zwirn von der Unternehmenskommunikation berichtete am Infoabend vom erheblichen Nutzen des Projektes für alle Beteiligten. Bei einer durchschnittlichen Verweildauer der Patienten von nur drei Tagen sei aber eine enge Zusammenarbeit mit dem Klinikpersonal nötig, diese müssten regelmäßig über das Lotsenprojekt informiert werden, damit diese wichtige niedrigschwellige Hilfe auch beim Patienten ankommen könne. Auch die Geschäftsführung sei engagiert dabei, das Projekt weiter zu etablieren.
Nachdem ein Film und eine Gesprächsrunde mit den Lotsen, der Koordinatorin und der Vertreterin des Rüsselsheimer Krankenhauses in ihrer Gesprächsrunde die Bedeutung des Projektes mehr als deutlich gemacht hatten, ging es in der zweiten Gesprächsrunde mit den zwei Ministern, der Diözesancaritasdirektorin Nicola Adick, die den Bischof vertrat, Caritasdirektor Ansgar Funcke und Heinz-Josef Janßen, Bundesgeschäftsführer Kreuzbund überwiegend um die finanzielle Absicherung des Projektes. Dank der Förderung durch die Aktion Mensch wurde das Projekt drei Jahre im Rhein-Main Gebiet umgesetzt. Nun wird es aus Eigenmitteln des Caritasverbandes Darmstadt finanziert und ist fest in das Suchthilfezentrum Darmstadt integriert. "Andere Finanzierungswege müssen nun gesucht werden", so der Caritasdirektor, der neben den Krankenkassen und Rentenversicherungsträgern auch konkret die Politik aufforderte, das Projekt mit Geld zu unterstützen. Beide Schirmherren hielten sich mit Zusagen sehr bedeckt, versprachen aber, das Projekt bei ihren vielen Kontakten zu wichtigen Netzwerkpartnern ins Gespräch zu bringen.
Diözesancaritasdirektorin Nicola Adick betonte, dass die Mittel der Caritas deutlich stärker in die Selbsthilfe einfließen könnten, wenn aus den Kirchensteuermitteln nicht so viele Hilfeangebote finanziert werden müssten, die eigentlich zu den Pflichtaufgaben der Kommunen gehören. Das Lotsenprojekt bezeichnete sie als Empowerment der Sonderklasse, mit dem man an dem Kern dessen sei, was Christentum bedeute.
Der Bundesgeschäftsführer des Kreuzbundes Heinz-Josef Janßen bedauerte, dass zur Veranstaltung kein Vertreter der Krankenkassen und Rentenversicherungsträgern gekommen sei. "Wir sparen den Kassen ganz viel Geld", sagte er. In Thüringen und Brandenburg sei dieses Projekt bereits seit Jahren etabliert.
Ganz andere Impulse und Denkanstöße gab es zum Abschluss der Veranstaltung von Sammy, der die Lebenserfahrungen einer Alkoholikerin in einem Poetry Slam verarbeitet hatte und auf besondere Art und Weise die Auswirkungen von Alkoholsucht beschrieb.
Zum Abschluss ehrten die Minister die anwesenden Lotsinnen und Lotsen und versprachen dieses besondere Projekt weiterhin im Blick zu halten.
Eine neue Lotsenschulung ist in diesem Jahr geplant. Wer daran teilnehmen möchte kann sich gerne im Suchthilfezentrum Darmstadt unter der Telefonnummer 06151 500 28 46 darüber informieren.
Kontakt:
Lotsenprojekt, Koordinatorin Christine Müller
Tel.: 06151 5002847, E-Mail: ch.mueller@caritas-darmstadt.de