Pressemitteilung des Caritasverbandes für die Diözese Mainz Verantwortlich: J. Otto Weber - Fon 06131/2826-254 - Fax
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40 Jahre
Caritas in Rüsselsheim und im Kreis Groß-Gerau: Gute Wohlfahrtspflege ist beste Kriminalprävention Kreis
Groß-Gerau / Rüsselsheim. – Vor 40 Jahren wurde in Rüsselsheim die erste
hauptamtlich besetzte Beratungsstelle der Caritas eröffnet. Damit wurde der
Grundstein gelegt zum heute vielfältigen Engagement des Caritasverbandes
Offenbach im Kreis Groß-Gerau, was den Rüsselsheimer Oberbürgermeister Stefan
Gieltowski bei einer Feierstunde am Freitag, 25. August, im Rüsselsheimer
Rathaus sagen ließ: „Wohl der Kommune, die einen starken Wohlfahrtsverband an
ihrer Seite hat.“ Zuvor hatte der Mainzer Diözesancaritasdirektor Mario
Junglas es ein gemeinsames Anliegen von öffentlicher und privater
Wohlfahrtspflege genannt, benachteiligte Menschen in die Lage zu versetzen,
ihr Leben eigenständig regeln zu
können. Der Offenbacher Caritasdirektor Simon Tull zitierte bei seiner
Begrüßung der zahlreichen Gäste – unter ihnen Bundestagsabgeordneter Gerald
Weiß (CDU) und der langjährige frühere Landtagsabgeordnete Martin Schlappner
(SPD) -den Rüsselsheimer
Jugendrichter Bernd Dietrich, der ihm noch unlängst versichert habe: „Eine
gute Wohlfahrtspflege ist die beste Kriminalprävention“. Umfragen belegten - so Junglas in seiner Festrede zum Thema
„Öffentliche und freie Wohlfahrtspflege aus der Sicht der Caritas“ - ein hohes Zutrauen der Bevölkerung zum
Fortschritt von Technik und Wissenschaft, zugleich aber auch eine tiefe
Skepsis über die Entwicklung des sozialen Bereichs. So fürchteten über 70
Prozent der Bevölkerung Einschnitte bei der Altersversorgung, seien 70 Prozent
der Meinung, Reiche würden immer reicher und Arme immer ärmer, und seien 50
Prozent der Überzeugung, dass sich der Starke durchsetze und das Armutsrisiko
wachse. Tatsache sei, dass heute schon ein Drittel der Menschen in unserem
Land zumindest zeitweise von Armut betroffen sei und 10 Prozent ständig
unterhalb der Armutsgrenze lebten. Soziale Themen spielten heute eine
geringere Rolle als vor 10 Jahren. Während es in den achtziger Jahren noch
ein durchgängiges Anliegen der Sozialpolitik gewesen sei, benachteiligten
Menschen auf fachlich beste Weise zu helfen, stehe heute die Frage nach den
Kosten im Vordergrund. Diese neue „Sozialpolitik 2. Ordnung“, wie Junglas sie
nannte, achte darauf, dass keine allzu große Nähe zu den bedürftigen Menschen
entsteht. Oft sei sie weniger an der Qualität der Hilfe interessiert als an
dem Ziel, Kosten zu sparen. Kommunen
und freie Wohlfahrt stärken Junglas begrüßte es grundsätzlich, dass sozialpolitische Pflichten von
Bund und Ländern zunehmend auf die Kommunen verlagert werden, denn die
Kommunen stünden den hilfebedürftigen Menschen weit näher als die große
Politik. Das dürfe aber nicht dazu führen, dass sich Bund und Länder ihrer
sozialen Pflichten entledigten, kritisierte er. Vielmehr müssten die Kommunen
gestärkt werden in ihrem Bemühen, benachteiligten Menschen zu helfen. Und
hier sah er Kommunen und Wohlfahrtsverbände an einem Strang ziehen: Beide
stünden in direktem Kontakt mit den benachteiligten Menschen und beide gingen
davon aus, dass es sich dabei um mündige Bürger handelt, die durch „Hilfe zur
Selbsthilfe“ in die Lage versetzt werden müssten, ihre Probleme zu lösen.
Eine vorrangige Aufgabe von Kommunen wie freier Wohlfahrtspflege liege in der
Vorbeugung. Ziel beider müsse es sein, schon im Vorfeld dazu beizutragen,
dass absehbare Notlagen vermieden werden. Caritas ein
starker Partner Der Sozialstaat, so der Rüsselsheimer Oberbürgermeister Gieltowski, sei
in der Verfassung verankert und für die Gesellschaft unverzichtbar. Er sei
der Grund für Stabilität und sozialen Frieden – hohe Güter, die als
Standortvorteile stärker hervorgehoben zu werden verdienten. Mit Junglas
stimmte er überein, dass soziale Leistungen immer die Eigeninitiative und das
Selbstbewusstsein der hilfebedürftigen Menschen stärken müssten. Trotz ihrer
angespannten Finanzlage zahle die Stadt Rüsselsheim 3,4 Millionen DM pro Jahr
als Zuschüsse an die freie Wohlfahrtspflege,
weil diese wichtige Dienste leiste, die zur Erhaltung des
Sozialstaates notwendig seien. Das Ehrenamt nannte er eine wichtige Säule der
sozialen Arbeit, die es zu stärken gelte, fügte aber hinzu: „Wir wissen, dass das Ehrenamt hauptamtliche Strukturen
nicht ersetzen kann.“ Er dankte für die engagierte und kompetente Arbeit der
Caritas in Rüsselsheim und versprach, auch in Zukunft „auf gleicher
Augenhöhe“ mit ihr zusammenzuarbeiten. Die Rahmenbedingungen könnten sich
zwar ändern, aber das Ziel bleibe gleich: Menschen in ihrer Würde zu schützen
– so, wie es das Leitbild der Caritas formuliere. 1960
gegründet Vor 40 Jahren, so Caritasdirektor Tull in einem knappen geschichtlichen
Rückblick, ist die Nachfrage nach Hilfe in Rüsselsheim so groß geworden, dass
sie ehrenamtlich nicht mehr bewältigt werden konnte. Auf Initiative der
damaligen Rüsselsheimer Pfarrer Anton Kalteyer und Dekan Karlheinz Beichert
wurde am 1. Juli 1960 eine Allgemeine Lebensberatungsstelle der Caritas
gegründet und mit Maria Jeuck die erste hauptamtliche Sozialarbeiterin
angestellt. Mehr als 30 Jahre lang hat später Katharina Laut die Allgemeine
Lebensberatung in Rüsselsheim geleitet und in Antwort auf neue Nöte
kontinuierlich ausgebaut. Ihr Nachfolger wurde vor gut vier Jahren
Heinz-Martin Hofmann. Ausbau als
Antwort auf neue Nöte Unter anderem kam es 1986 zur Gründung des Christopherus-Clubs als
Hilfe- und Kontaktstelle für psychisch kranke Menschen, der später auch eine Psycho-soziale
Kontakt- und Beratungsstelle für Psychisch Kranke folgte. 1987 wurde ein
Kreis von Familienpflege-Helferinnen ins Leben gerufen und in Gernsheim eine
Außenstelle eröffnet. 1988 bezog die Caritas ihr heutiges Haus in der
Rüsselsheimer Waldstraße und wurde sie um einen Mobilen Sozialen Dienst
erweitert. 1996 wurde als eines von 8 Modellprojekten innerhalb des Deutschen
Caritasverbandes in Rüsselsheim ein Freiwilligenzentrum errichtet und zu
Beginn dieses Jahres wurde auch in der Kreisstadt Groß-Gerau, wo bis dato nur
Außensprechstunden stattfanden, eine Allgemeine Lebensberatungsstelle
eröffnet. Aber auch mit anderen Diensten ist die Caritas in Rüsselsheim und
dem Kreis Groß-Gerau vertreten: 1962 wurde eine soziale Beratung für
Italiener gegründet, heute Beratungsstelle für ausländische Mitbürger, deren
Leiter Delio Miorandi inzwischen zu den dienstältesten Mitarbeitern des
Caritasverbandes Offenbach zählt. Zusammen mit der Diakonie wurde 1965 wurde
eine Erziehungs- und Familienberatungsstelle ins Leben gerufen und 1994 eine
Ökumenische Sozialstation gegründet. Seit 1977 ist die Caritas in Rüsselsheim
mit einer Suchtberatungsstelle vertreten, der ein Jahr später die Gründung
einer Jugend- und Drogenberatungsstelle folgte. Dank an
verdiente Frauen Maria Jeuck, Frau der ersten Stunde, und Katharina Laut, Leiterin der
Allgemeinen Lebensberatung durch mehr als 30 Jahre, waren bei der Feierstunde
mit dabei und bekamen als Dank und Anerkennung von Caritasdirektor Tull je
einen Blumenstrauß überreicht. J. Otto Weber |