Willi Höflinger
Wie erleben Sie Ihre Arbeit/Ihr Engagement in Zeiten von Corona?
Erst einmal ist da ganz viel Unsicherheit - bei allen Beteiligten. Und diese Unsicherheit löst gleichzeitig ein großes Suchen aus: Welche Maßnahmen - Schritte - Wege können wieder ein Stück Sicherheit bringen? Und kaum ist so ein bisschen neue Routine in Abläufen entstanden, gibt es schon wieder neue Überlegungen und Ablaufpläne. Ich erlebe da auf allen Ebenen eine große Ernsthaftigkeit und ein intensives Bemühen, die Schäden durch Corona so gering wie möglich zu halten.
Für unsere Arbeit in der Beratungsstelle hat das erst einmal viel Verzicht bedeutet: Wir mussten auf menschliche Nähe, den persönlichen Kontakt zu Kolleginnen und Kollegen und auch Ratsuchenden verzichten bzw. diesen sehr stark einschränken. Das fällt schwer, weil das persönliche Erleben und sich Einlassen ein wesentlicher Teil unsere Arbeit ist. Die Beratung lebt ja von der Kommunikation, der personalen Begegnung, die alle Sinne mit einbezieht. Hören und Sprechen, Mimik, Gestik, Körperhaltung usw. sind davon wesentliche Aspekte.
Und jetzt waren wir für mehrere Wochen ausschließlich auf das Telefonieren angewiesen. Zwischendurch war ich erstaunt, wie sehr mich 50 bis 60 Minuten Telefonberatung angestrengt haben - bis mir klar wurde, dass ich nur diesen einen Kanal zur Kommunikation zur Verfügung habe. Und ich war erstaunt, wie flexibel Ratsuchende sich auf die Telefonberatung eingelassen haben. Kolleginnen haben sogar Paarberatungen am Telefon geführt. Ich war mit einem Gegenüber am Telefon gut ausgelastet.
Und jetzt waren wir für mehrere Wochen ausschließlich auf das Telefonieren angewiesen. Zwischendurch war ich erstaunt, wie sehr mich 50 bis 60 Minuten Telefonberatung angestrengt haben - bis mir klar wurde, dass ich nur diesen einen Kanal zur Kommunikation zur Verfügung habe. Und ich war erstaunt, wie flexibel Ratsuchende sich auf die Telefonberatung eingelassen haben. Kolleginnen haben sogar Paarberatungen am Telefon geführt. Ich war mit einem Gegenüber am Telefon gut ausgelastet.
Jetzt erleben wir den nächsten Schritt: In der Beratungsstelle wurde ein Raum mit Trennscheiben ausgestattet. So können wir wieder persönliche Beratungen auch für Paare anbieten, können auf Mund- und Nasenschutz verzichten und haben genügend Abstand. Das macht Hoffnung auf wieder regelmäßige persönliche Gespräche.
Gruppenangebote finden erst mal nicht statt. Das ist schmerzlich. Gerade jetzt wären sie sehr wichtig - der Austausch auf Augenhöhe, das Gefühl von miteinander sein, tragen und getragen werden, sich gegenseitig unterstützen, nicht alleine sein …
Gruppenangebote finden erst mal nicht statt. Das ist schmerzlich. Gerade jetzt wären sie sehr wichtig - der Austausch auf Augenhöhe, das Gefühl von miteinander sein, tragen und getragen werden, sich gegenseitig unterstützen, nicht alleine sein …
Seit mehr als 15 Jahren treffen sich bei uns Menschen einmal im Monat zu Familienaufstellungen in einer offenen Gruppe. Ein offener und doch vertrauensvoller Treffpunkt, in dem man an Themen unseres Lebens arbeitet - durch sich zur Verfügung stellen (als Stellvertreter/in bei Aufstellungen) oder durch Einbringen eigener Anliegen. Jetzt erst mal zu!
Mit welchen Anliegen, Sorgen und Nöten wenden sich Menschen an Sie?
Erst einmal bleiben die Themen der EFL-Beratung bestehen: Konflikte und Krisen in der Partnerschaft, im Zusammenleben in der Familie, zwischen den Generationen, am Arbeitsplatz, im Erleben mit sich selbst …
Jetzt kommen noch die Themen Angst um die Gesundheit für sich selbst, die Familienangehörigen und die Angst vor der Zukunft dazu. All die Themen, die auf allen Kanälen besprochen und gesendet werden.
Ich erlebe viel Nachdenklichkeit und ein gewisses Erschrecken, wie wenig wir unser aus heutiger Sicht unbeschwertes Leben vor Corona geschätzt und genossen haben.
Jetzt kommen noch die Themen Angst um die Gesundheit für sich selbst, die Familienangehörigen und die Angst vor der Zukunft dazu. All die Themen, die auf allen Kanälen besprochen und gesendet werden.
Ich erlebe viel Nachdenklichkeit und ein gewisses Erschrecken, wie wenig wir unser aus heutiger Sicht unbeschwertes Leben vor Corona geschätzt und genossen haben.
Manche haben auch jetzt schon den guten Vorsatz, das nach Corona deutlich anders zu machen.
Wie sonst auch sind wir wichtig als Gesprächspartner, mit denen alle Gefühle, Gedanken, Sorgen usw. ausgesprochen werden können. Und dann sind wir Partner, Unterstützer und Förderer kleiner Schritte in Richtung - Wo habe ich eine gute Erfahrung gemacht? Wodurch ging es mir ein bisschen besser? Wie kann ich die Situation ein wenig positiver gestalten?
Welches persönliche Erlebnis stimmt Sie zuversichtlich?
Selten war ich in meiner fast dreißigjährigen Tätigkeit als Ehe-, Familien- und Lebensberater so sehr versucht, meine eigenen aktuellen Erfahrungen durch Corona mit zum Gegenstand der Beratung zu machen. Da ist natürlich auch bei mir immer wieder Trauer, Angst und Sorge, weil ich meine Kinder und Enkel nicht sehen, umarmen und knuddeln darf. Hier muss ich immer wieder gut für mich sorgen und aufpassen, dass die persönliche Betroffenheit wohl dosiert in die Beratung einfließen darf, aber nicht die Anliegen der Ratsuchenden überlagert.
Dabei ist das Team und die Atmosphäre des Zusammenwirkens in der Beratungsstelle ein Schatz. Lange Jahre des kollegialen und vertrauensvollen Miteinanders ermöglichen auch den Raum, persönliche Anliegen und Themen miteinander zu besprechen und auszutauschen. Das war immer schon eine wichtige Bereicherung, ist aber in diesen Zeiten der allgemeinen Verunsicherung wichtiger denn je. Wir können unsere Arbeit im Interesse unserer Klienten nur gut machen, wenn wir mit uns selbst gut umgehen und wir auch erleben, dass gut mit mir umgegangen wird.
Caritas in Zeiten von Corona bedeutet für mich ...
... achtsam mit meinen eigenen Gefühlen und den Gefühlen anderer umgehen. Und ich hoffe, wir haben gut zugehört (unserem Finanzminister) und stellen die Verteilungsfrage in unserer Gesellschaft neu - mit dem Ziel eines bedingungslosen Grundeinkommens.